: Party ohne Thema
■ Zum „Beat Apartheid Festival“, 26.12.88 im Modernes
„... All I ever had is songs of freedom
won't you help to sing these songs of freedom
'cause all I ever had - redemption songs“
(Bob Marley, Redemption Song / Uprising Album)
Der Kampf gegen Ungerechtigkeit, sei es gegen wirtschaftliche Ausbeutung, kulturelle Indoktrination oder Rassismus, sei es der der Kurden, der Palästinenser oder der Menschen von Azania (die schwarze, farbige und asiatische Mehrheit des rassistischen Südafrikas), ist heilig. Er hat kosmische Dimensionen, da er die totale Vernichtung der Unmenschlichkeit zum Ziel hat. Es ist sein Prinzip, Bewußtsein zu wecken. Daher ist es ein MUSS für alle Formen der Unterstützung von Regierungen, Kirchen oder Privatinitiativen (und wir meinen damit eine nachhaltige Unterstützung, keine „Papiertigershows“), ihre Hilfe in Beziehung zur realen Situation zu setzen. Die dringende Bitte um Unterstützung sollte nicht als Betteln der Betroffenen mißverstanden werden. Wir möchten nicht bemitleidet und getröstet werden mit den Überbleibseln des Weihnachts-Konsumrausches. Die menschliche Würde erlaubt so etwas einfach nicht.
Gebt uns nicht Eure 8.000 oder 10.000 DM, wenn Ihr auf der anderen Seite 20.000 DM an die Repräsentanten der weißen Unterdrücker hier zahlt. Damit verhindert Ihr wirkungsvolle Sanktionen gegen das rassistische Regime Südafrikas. Und so geht der Kampf täglich weiter, auf den Straßen, an den Arbeitsplätzen, in den Schulen, Geschäften.
Oh, Bremer Musiker, springen wir in das Wasser, wenn wir gar nicht schwimmen können? Wo sind die Freiheitslieder, deren Echo noch vom Wembley-Stadion hallt (anläßlich Nelson Mandelas 70. Geburtstags)? Wo sind die „redemption„-Songs, die Bob Marley, Peter Gabriel, Hugh Masekela und Tracy Chapman uns auffordern zu singen? Könnte es sein, daß unsere Fähigkeiten nicht ausreichen, eine gute Balance hinzukriegn zwischen ernsten Texten und eingängiger Musik?
Die Musik-Charts der 70er Jahre waren stark im „Beat Apartheid„-Programm vertreten, aber leider ohne jeglichen Bezug zum Thema. Wenn die Veranstaltung Vergnügen mit der ernsteren Rolle, Gedanken zu nähren, hätte verbinden wollen, dann hätten die musikalischen Aktionen unbedingt Bezug auf diese Rolle nehmen müssen.
Aber wenn es bloß ein anderer Circus Roncalli, Bremer Freimarkt, eine weitere Sex-Drugs-and-Rock'n'Roll-Party oder eine Arena für musikalische Abenteurer sein sollte, dann fordern wir besonders die „guten Samariter“ auf, mit den starken und positiven Vibrations mitzuhalten, die dringend benötigt werden, um Apartheid zu schlagen. Die Michael Jackson, Prince und Madonna Schüler aber bitten wir, nach einer ihnen angemesseneren Bühne und den dazugehörigen Marionetten zu suchen.
Denjenigen, die sich zusammengetan hatten in Richtung der heiligen Mission, sagen wir unseren aufrichtigen Dank und hoffen auf einen neuen Sonnenaufgang für die Menschheit.
L'Aluta Continua. Der Sieg ist gewiß.
Ayaric Ghanatta, AFROBEAN e.V., Kultur- und Kommunikationszentrum, Bremen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen