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Mit Leidenschaft zum Erfolg

Myriam Bollack: Trainerin für Galopprennpferde in Chantilly / Erfolg in einer Männerdomäne  ■  Von Susanne L. Born

Als Myriam Bollack ihren Berufswunsch öffentlich aussprach, herrschte bei der französischen Renngesellschaft Ratlosigkeit. Sollte man einer Frau die Lizenz als Trainerin für Galopprennpferde ausstellen? Zum ersten Mal in der Geschichte des traditionsreichen Rennsports hatten sich die noblen Herren der „Societe d'Encouragement“ mit einem derart außergewöhnlichen Begehren auseinanderzusetzen. Ihre Antwort fiel deutlich aus: dreimal verweigerten sie ihre Zustimmung

-ohne Angabe von Gründen. „Die Herren sind so erhaben, sie brauchen keine Erklärungen abzugeben“, erzählt Myriam Bollack. Eine erneute Anfrage war schließlich, ebenfalls kommentarlos, erfolgreich. Allerdings beschränkte sich die Lizenz zunächst auf das Training der Pferde ihres Vaters. Erst zwei Jahre später, 1977, erhielt sie mit 22 Jahren als erste Frau in Frankreich die Zulassung als Public -Trainerin.

Die Zielstrebigkeit, mit der Myriam Bollack ihr Vorhaben verfolgte, hat vor allem mit ihrer Liebe zu den Pferden zu tun. „Als ich mit zehn Jahren das erste Mal ein Pferd aus nächster Nähe sah, wußte ich sofort: 'Das war's!'“, erinnert sie sich. Sie lernte erstmal einen „anständigen“ Beruf und wurde Lehrerin; doch ohne jegliche Ambitionen, und immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, einmal Galoppertrainerin zu werden. Sie verschlang Literatur über Trainingsmethoden und guckte den Trainern der Rennpferde ihres Vaters über die Schulter. Und was die konnten, traute sich Myriam Bollack schon lange zu.

Doch hohe Qualifikation allein, so zeigen Studien, bedeutet für eine Frau nicht dasselbe wie für einen Mann. Ganz im Gegenteil: Häufig erfolgt eine Zurückstellung zugunsten der Männer, deren Qualifikation nicht in Frage gestellt wird. Die Besitzer renommierter Rennställe wie der Prinz Aga Khan, der griechische Reeder Stavros Niarchos oder gar die immer weiter auf den Markt drängenden Araber Fustok, Moubarak, Abdullah und Scheich Mohamed kämen nicht im Traum auf die Idee, ihre edlen, für horrende Summen ersteigerten Rösser einer Frau anzuvertrauen.

Myriam Bollack hat zwanzig Pferde in ihren Boxen stehen, die sechs französischen Besitzerinnen und Besitzern gehören. Damit zählt sie zu den Trainern aus dem Pariser Raum, die in den Trainingszentren Chantilly und Maisons-Laffitte hauptsächlich für französische Besitzer im Schnitt zehn bis dreißig Galopper auf die Rennen vorbereiten. Vergleiche mit Trainern, die für Scheichs und Prinzen schon mal an die dreihundert Tiere betreuen, sind daher nicht angebracht. Lohnender ist hingegen ein Blick auf die Erfolgsziffern ähnlich frequentierter Trainer: Im Verhältnis von Startern zu Siegern schneidet ein Großteil von ihnen längst nicht so erfolgreich ab wie Myriam Bollack. Diese Tendenz zeichnete sich auch im letzten Jahr deutlich ab. Bei 82 Starts brachte sie sechs Sieger, das sind gut sieben Prozent, zur Waage zurück. Die Konkurrenz - von Ausnahmetrainer Andre Fabre einmal abgesehen - benötigt für dieselbe Zahl von Siegen oft 100 Starter und mehr.

„Natürlich müssen Frauen besser sein, wir müssen kämpfen, um nicht unterzugehen, wir dürfen nicht aufgeben, unsere Ziele zu verfolgen“, lautet das leidenschaftliche Bekenntnis von Myriam Bollack. Aber ist das nicht die Geschichte von der Hundertfünfzigprozentigen, der erklärten Karrierefrau, die partout mitmischen will im Männergeschäft? Nicht ganz, denn die jetzt 36jährige bringt noch etwas anderes ein als Durchsetzungsvermögen und Erfolgsorientiertheit. „Ich gebe viel von mir - von meiner Leidenschaft“, sagt sie. Und sie vertraut auf diese Kombination, mit der sie selbstbewußt ein Unternehmen leitet, von dem die Männer behaupten, es sei der „schwerste Job der Welt“.

Das ist vielleicht etwas übertrieben, doch ein Zuckerschlecken ist das Trainieren von Rennpferden nicht. Nachmittags auf der Tribüne die Rennen zu beobachten, ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere bleibt meist unsichtbar: Nach dem Training am frühen Morgen - Myriam Bollack reitet selbst einige Lots - folgt die Schreibtischarbeit: Buchführung mit Gehaltsabrechnungen für Angestellte, die Auswahl passender Rennen für die Pferde und ausführliche Lektüre der Fachpresse. Kontakte zu den Besitzern zu pflegen und Auktionen zu besuchen ist dabei noch der angenehmere Teil, doch die psychische Belastung durch permanenten Erfolgsdruck begleitet den Zwölfstundentag. Ein ungeschriebenes Gesetz des Turf verschont niemanden, schon gar nicht die „kleinen“ Trainer: Wer längere Zeit kein Rennen gewinnt, dem laufen die Besitzer davon, wer keine oder nur schlechte Pferde hat, kann keine Rennen gewinnen - ein Teufelskreis.

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