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Widerspruch gegen Gen-tec-Anlage

Hannovers Grün-Alternative legen Widerspruch gegen Bau einer der größten gentechnischen Anlagen Europas ein / US-Firma Invitron hat Genehmigungsbescheid schon in der Tasche  ■  Von Stefan Schellenberg

Hannover (taz) - Die Grün-Alternativen (GABL) aus Hannover wollen den Bau einer der größten gentechnischen Anlagen Europas verhindern. Gegen den Genehmigungsbescheid für die US-Firma Invitron legten sie jetzt Widerspruch ein. Die umstrittene Anlage zur Vervielfältigung genmanipulierter Zellkulturen war vom niedersächsischen Gewerbeaufsichtsamt am 30.August 1988 - einen Tag vor Inkrafttreten neuer gesetzlicher Regelungen, die ein öffentliches Verfahren vorschreiben - genehmigt worden.

Gestern veröffentlichte die GABL Details aus den Invitron -Unterlagen, die sie für den Widerspruch einsehen durfte. Fazit von Fraktionsmitarbeiter Bernd Ellerbrock: „Schon die Antragsunterlagen sind schlampig, unzureichend und auf keinen Fall genehmigungsfähig.“

Die Unterlagen, die der taz vorliegen, sind im Formularstil ohne präzise Angaben verfaßt. Beispielsweise heißt es zur Abluftreinigung lakonisch: „Durch die hohen Anforderungen an die Reinräume ist eine Abluftreinigung nicht erforderlich.“ Auch die Wasserentsorgung ist aus dem Genehmigungsbescheid ausgeklammert. Ellerbrock: „Es wurde eine Persilschein -Anlage ohne exakte Vorschriften für den Sicherheitsbereich und ohne Kenntnis der von Invitron zur Herstellung beabsichtigten Produkte genehmigt.“

Selbst die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie hatte eine vom Gewerbeaufsichtsamt angeforderte Stellungnahme wegen fehlender Detailinformation abgelehnt: „In den Unterlagen habe ich keine Beschreibung gefunden, aus der die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen hervorgehen“, so Dr.Vutz vom Technischen Aufsichtsdienst der Berufsgenossenschaft. Es sei beispielsweise nicht einmal erkennbar, ob die immissionsrelevanten Schleusen nicht „lediglich als Windfang gedacht“ seien. Auch die Stadt Hannover hatte zu wichtigen Antragsteilen wegen fehlender Angaben eine Stellungnahme abgelehnt.

Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt als Genehmigungsbehörde besserte im Wettlauf mit dem Inkrafttreten der neuen Gesetze die unzureichenden Invitron-Unterlagen nach. Grundlage des Bescheides vom Gewerbeaufsichtsamt, das sich gegenüber der taz als „in gentechnischen Fragen laienhaft“ bezeichnet hat, ist ein Gutachten von Descher von der Medizinischen Hochschule Hannover. Sein Urteil zu den wichtigsten 22 sicherheitsrelevanten Aspekten: fünfmal „Maßnahme laut Plan erfüllt“, 17mal „Maßnahme nach Plan nicht erfüllt“ oder „Erfüllung laut Plan unklar“.

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