piwik no script img

Proliferationsskandal weitet sich aus

Weitere Firmen in illegale Atomgeschäfte verstrickt / Umweltschützer: „Nukem suchte sich eine Firma für die Drecksarbeit“ / Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts exportierte Maschine nach Pakistan  ■  Aus Frankfurt Michael Blum

Die „Produktionsgesellschaft für Sondermaschinen“ (GASA) im unterfränkischen Hösbach bei Aschaffenburg soll mit Südafrika Atomgeschäfte gemacht haben.

Die laut Eintrag ins Handelsregister im Bereich „Herstellung und Vertrieb von Sondermaschinen und Vorrichtungen des Maschinenbaus und der Kerntechnik“ tätige GASA hat im Herbst 1988 Konkurs angemeldet. Geschäftsführerin war Waltraud Gauß. Ihr Ehemann, Wilhelm Gauß, arbeitete jahrelang bei Hanauer Atomfirmen und hat in den 70er Jahren als „GASA“ mit Alkem zusammengearbeitet.

Eine von der Skandalfirma Nukem in den 80er Jahren gefertigte Ultraschall-Prüfanlage für Brennelemente von Atomreaktoren wurde vor vier Jahren an die GASA geliefert. Die „Produktionsgesellschaft für Sondermaschinen“ verscherbelte die Anlage dann an Südafrika. Bei der Inbetriebnahme der Anlage in der Nähe von Johannesburg halfen Nukem-Mitarbeiter aus. Während die GASA zu keiner Stellungsnahme bereit war, erklärte ein Nukem-Sprecher, daß für die gelieferte Anlage keine Exportbeschränkungen bestünden.

Die Initiative Umweltschutz Hanau und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz gehen allerdings davon aus, daß „die GASA die Drecksarbeit für die Nukem gemacht hat“, vermutet BBU-Vorstandsmitglied Eduard Bernhard. Für den Umweltschützer liegt „es auf der Hand, daß Nukem nicht selbst in Erscheinung treten wollte.

Außerdem ist das die gleiche Taktik wie bei NTG und PTB. Die Firmen haben zudem eine ergänzende Anlage nach Südafrika geliefert“. Die Gelnhäuser „Neue Technologien GmbH“ und die Ortenberger „Physikalisch-Technische Beratung“ gehören zu den Hauptbeschuldigten im Proliferationsskandal.

Eduard Bernhard forderte gegenüber der taz eine sofortige Untersuchung des Exportgeschäfts durch das Bundes- und das hessische Umweltministerium sowie durch das Bundeswirtschaftsministerium. Alle Nukem-Transportgeschäfte mit Ländern, die den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hätten, seien offenzulegen. Die SPD im hessischen Landtag fordert von der CDU/FDP-Landesregierung einen Bericht über die Auslandsgeschäfte der GASA. Die Fraktion der Grünen im bayerischen Landtag haben bei der Staatsanwaltschaft Würzburg wegen dem Verdacht eines Verstoßes gegen das Außenhandelswirtschaftsgesetz Strafanzeige gegen GASA erstattet.

In die illegalen Atomgeschäfte mit Südafrika, Pakistan und Indien ist auch ein Wissenschaftler des Münchner Max-Planck -Instituts für Plasma-Physik verwickelt. Heinrich Weichselgartner gab inzwischen zu, eine Maschine zur Rückhaltung von Tritium nach Pakistan geliefert zu haben. Nachdem er eine Lizenz für eine entsprechende Maschine erworben hatte, will er nach eigenen Angaben eine Nebentätigkeit bei der NTG übernommen und dort die Maschine bis zum Export betreut haben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen