: Seife, Kunst - was nun?
■ Das neue Frankfurter Künstlerhaus
Seit etwas mehr als einer Woche wird jetzt im Frankfurter Mouson-Turm vor allem Theater gespielt, nachdem in den letzten zehn Jahren aus der dereinst weltbekannten Seifen und Duftwasser-Fabrik schon einiges andere hätte werden sollen - Schule, Vereins- und Senioren-Treff, selbstverwaltetes Stadtteilzentrum, Teil der Deutschen Bank. Wo einst „Mousons Arbeiter-Seife zur gründlichen Reinigung der Hände“ produziert wurde oder das Parfüm „Tai-Tai“ eine „behagliche und poesievolle Atmosphäre“ verbreitete, gibt's jetzt Theatersäle, Probebühnen, Ateliers für bildende Künstler, Proberäume für E- und U-Musik und das Hessische Literaturbüro. Quasi ein Kulturproduktionspaket.
Vieles soll hier geschehen. Vor allem aber sollen „übergreifende Projekte und neue Kunstformen entstehen“, schreibt Dieter Buroch, der Chef des neuen Künstlerhauses. Das ist ein hochgestecktes Ziel und Buroch, der in den letzten zehn Jahren den Mouson-Turm so durchsetzte, wie er jetzt dasteht, beruft sich dabei auf die Theateraufbruchstimmung der siebziger Jahre. Er will der Idee des freien Theaters eine professionelle Spielstätte geben, mit allem was dazugehört.
Im ersten Moment gehört auch dazu - ein schickes Outfit. Die ehemalige Fabrik wurde gestylt. Lediglich der Eingangsraum zum großen Theatersaal fällt zur Zeit noch etwas aus dem Rahmen und verbreitet den gebremsten Charme eines Gesamtschulen-Foyers. Aber es ist ja alles noch ganz neu und kann noch werden. Der Zahn der Zeit wird nagen und hoffentlich besonders schnell am Cafe. Denn das tut so, wie derzeit alle neu getünchten Etablissements dieser Art tun: als sei es etwas Besonderes. Oder liegt das an den Gästen?
Und dann frißt sich doch noch eine tiefere Angst in das Herz des Mouson-Turm-Besuchers. Irgendwie fühlt er sich an die Berliner Schaubühne erinnert. Wie es ihn früher immer unwiderstehlich zu deren altem Domizil am Halleschen Ufer zog. Und wie dann der Schicki-Micki-Schock am Lehniner Platz folgte, nach dem Umzug ins neue Haus - es war der Anfang vom Niedergang des Theater-Olymps.
jüb
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