Gewalt in Zahlen

■ Der Bericht der Jugendsenatorin Schmalz-Jacobsen zur Gewalt gegen Frauen bestätigt hohe Dunkelziffer bei Vergewaltigungen / Senatorin empfiehlt Judo

Folgt man der Kriminalstatistik, ist die Zahl der Vergewaltigungen im Jahr 1987 um 5 Prozent im Vergleich zu 1986 und gar um 22 Prozent zu 1985 zurückgegangen. Von dieser Annahme geht der gestern vom Senat beschlossene Bericht von Jugendsenatorin Schmalz-Jacobsen aus. Die Kriminalstatistik für 1987 nennt 223 Vergewaltigungen, 118 Fälle sexueller Nötigung und 571 mißbrauchte Kinder. Die Dunkelziffer bei den sogenannten „Beziehungstätern“, also den Fällen, wo die Frau den Täter kennt, liege jedoch bei 1:10, sagte gestern Staatssekretär Dittberner und bestätigte damit Zahlenverhältnisse, wie sie von Frauengruppen seit Jahren geschätzt werden. Bei den Fällen, wo der Täter unbekannt ist, gehe man von einer Dunkelziffer von 1:3 aus.

Frauen sind laut Senatserkenntnis in geschlossenen Räumen besonders gefährdet. Zwei Drittel aller Vergewaltigungen kommen in Kellern und ähnlichen Räumen vor. Ein Drittel wird auf der Straße, in Parks oder Autos begangen. Die Haupttatzeit ist zwischen 21 Uhr und sechs Uhr morgens, heißt es in dem Bericht.

Die Jugendsenatorin zieht daraus den Schluß, daß sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen kein Problem der Straßenkriminalität ist. Die weitaus stärkste Gefährdung bestehe für die Frauen in ihrer eigenen Wohnung oder der der Täter.

Was aber tut der Senat, um die, wie es heißt, „Gewaltbereitschaft“ abzubauen. Der Bericht nennt das Sonderdezernat für Vergewaltigung beim Landgericht, das im Sommer letzten Jahres eingerichtet wurde. Selbstsicherheit und Selbstbewußtsein der Frauen müsse gestärkt werden, deshalb unterstützt der Senat die Judo-Kurse an den Volkshochschulen. Denn, so heißt es in dem Bericht, Frauen, die Stärke ausstrahlten, könnten einen Täter möglicherweise von seiner Tat abhalten. Die Liste nennt weiter „Mobiles Aufsichtspersonal“ bei der BVG. In den Schulen würden „partnerschaftliche Verhaltensformen“ als Erziehungsprinzip angestrebt.

Kritisiert wurde der Bericht der Jugendsenatorin gestern von der Leiterin der Gleichstellungsstelle der SPD, Helga Korthaase. „Enttäuschend“, meinte sie und vermißt neue Erkenntnisse und mehr Geld. Weder die Forderung nach „Nachttaxis“ werde erwähnt, noch die hervorragende Arbeit der Frauenprojekte und Frauenhäuser, kritisierte Frau Korthaase.

bf