: Abfall von Bonn
■ DGB-Chef Pagels: FDP-nahe Firmen rechtswidrig im Müllgeschäft / Berliner Müllgesetz widerspricht Bundesrecht
FDP-Umweltsenator Starnick habe „gegen herrschendes Recht verstoßen“, indem er 1988 etwa 1.000 Firmen „Gestattungen“ erteilte, ihren „hausmüllähnlichen Gewerbeabfall“ von privaten Müllunternehmern einsammeln zu lassen. Mit diesem Vorwurf belebte gestern der Berliner DGB-Chef Pagels den Wahlkampf. Nach einem Gutachten, das der Wissenschaftliche Parlamentsdienst des Bundestages im September vorgelegt hat, ist ein Passus im Berliner Müllgesetz „nichtig“, der diese private Müllkonkurrenz zur BSR erlaubt. Er widerspreche dem Bundesabfallgesetz.
Pagels, der dieses Gutachten gestern bekanntmachte, erinnerte außerdem an ein Gutachten der Berliner Parlamentsjuristen vom April. Wie seinerzeit berichtet, hatten die Berliner Gutachter im SPD-Auftrag ebenso geurteilt wie jetzt die Bonner Fachleute. In einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung war das Berliner Verwaltungsgericht im Januar 1988 zum selben Urteil gekommen. Pagels Kritik: Allein zugunsten der „Einzelinteressen“ von drei, vier der FDP nahestehenden Firmen breche der Senat die Rechtseinheit mit dem Bund auf, während er sie zuletzt bei der Gesundheitsreform zu Lasten vieler Hunderttausend hochgehalten habe.
Da die Gerichte noch nicht endgültig entschieden haben, will Umweltsenator Starnick jedoch bei seiner Praxis bleiben, ließ er gestern erklären. Unterdessen verliert die BSR beim Einsammeln dieses Mülls weiter an Boden. „Die Privaten hatten doppelt soviel Zuwachs“, bestätigte gestern Georg Fischer, Technische Geschäftsleiter der BSR, gegenüber der taz.
Fuhren die privaten Firmen 1987 nach BSR-Rechnung nur 375.000 Tonnen des hausmüllähnlichen Gewerbeabfalls ab, sammelten sie 1988 schon 395.000 Tonnen ein. Die BSR-Menge stagniere dagegen bei etwa 180.000 Tonnen, erklärte Fischer. Die von Pagels behaupteten jährlichen Einnahmeverluste von einer Millionen Mark durch die FDP-Regelung wollte Fischer jedoch nicht bestätigen. Millionenverluste erleidet die BSR jedoch jährlich dadurch, daß sie auch den von den privaten Firmen eingesammelten Müll verbrennen oder deponieren muß zu nicht kostendeckenden Tarifen.
hmt
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen