Sanfte Landesverteidigung

Eine der ersten Handlungen des Wörner-Nachfolgers war es, flugs seinen Professor Dr.Rupert unter das Geleitwort einer Broschüre des Streitkräfteamtes zu setzen mit dem vielversprechenden Titel: Bundeswehr und Umweltschutz. In grünem Tarneinband ist das Machwerk links oben mit der Insigne des Eisernen Kreuzes und rechts unten mit dem Öko -Gütesiegel „Umweltschutz in der Bundeswehr“ ausgerüstet.

Die frohe Botschaft, die uns verkündet wird, ist atemberaubend: Unsere Vaterlandsverteidiger sind in Wahrheit „grüne Jungs“, die nicht - wie landauf, landab angenommen mit Kanonen auf Spatzen schießen. Zwar wird weiter auf „eine kriegsnahe Ausbildung mit dem Einsatzgerät im Gelände und im scharfen Schuß“ gesetzt, aber auch dafür geworben, daß „Verteidigungserfordernisse und Umwelterfordernisse sogar harmonisieren können“. Beispiel gefällig? „Lärm belastet nicht nur Mensch und Tier, er erleichtert im Einsatz dem Gegner die Aufklärung und muß auch deshalb reduziert werden.“ Also, nehmt Rücksicht aufeinander und beharkt euch nicht immerfort auf den Übungsplätzen, denn nur „gesteuerte Rekultivierungs- und Ruhephasen schaffen die Voraussetzung für dauerhafte Ausbildungsmöglichkeit der Truppe im Gelände und machen den Platz zu einem Refugium für Fauna und Flora“.

Die militärischen Reservate der Bundeswehr, 13 Truppenübungsplätze und 19 Standortübungsplätze, sind anscheinend geradezu von Natur aus dafür prädestiniert, der Umwelt Gutes anzutun, denn: „Vor allem die Gefahrenbereiche sind teils unberührte Natur, wie sie in den allgemein zugänglichen Erholungsgebieten nicht mehr vorkommen.“ Hier nämlich können die picknickkorbbewehrten Wochenendzivilisten kein umweltschädigendes Unheil mehr an den Tag legen. Vorsicht, Blindgängergefahr! So werden die Übungsplätze zu „ökologischen Inseln mit wichtigen Funktionen für den Biotop - und Artenschutz“. Nur wo die Gefahr lauert, da lassen sich die Biotope ruhig nieder. Bestes Beispiel: Der Truppenübungsplatz Hammelburg, wo militärische Nutzung und Naturschutz zukünftig eine vorbildliche Ehe eingehen sollen. Wird etwa Tarnmaterial benötigt, gilt das Kommando: „Gipfeltriebe werden nie abgebrochen, Seitenzweige erfüllen den Übungszweck ebenso.“ Zeiten wie im Paradies auch für das Gekreuch und Gefleuch, denn es kann sich unter der militärischen Obhut wie auf der Arche Noah fühlen: „Die Schlammsetzbecken der Panzerwaschanlagen habe sich zu optimalen Amphibienlaichplätzen entwickelt„; „Staunässen im Gelände und wassergefüllte Fahrspuren sind wertvolle temporäre Feuchtgebiete für seltene Amphibien wie Kreuzkröte, Gelbbauchunke und Bergmolch; Dachböden und leerstehende Bunker haben eine Einflugöffnung für Fledermäuse.“ Nachtigall, ick hör‘ dir trapsen!

Doch ein Hammelburg ist nicht genug! Mehret die Anfänge! Macht aus Manövergelände ökologische Schutzzonen a la Hammelburg! Stopft alle Bundeswehr-Leoparden aus und stellt einige besonders schöne Exemplare ins Panzermuseum in Münster. Zeiten sanfter umweltverträglicher Landesverteidigung brechen an, wenn sich unsere Rekruten in freier Bodenhaltung an die tierischen Übungsplatzbewohner vorsichtig heranrobben, um dann in der Nestwärme von Schützengräben die Paarung von Männchen und Weibchen Gelbbauchunke zu observieren.

Welch schöne Aussichten: Die klammheimliche Metamorphose unserer Bundeswehr weg von einer Truppe waffenstrotzender Bodo Ballermänner hin zu einer Heilsarmee sanfter Ökorebellen. Weitere Vorschläge, Herr Bundesminister Scholz? Konvertiert alle Militärberater in Umweltschutzexperten! Führt beim Bund das freiwillige ökologische Jahr ein, bei Bedarf auch 18 Monate. Subversive Propagandamanöver hin, geschickter Ökokreuzzug her: Die Scholz-Truppe ist ein ganz heißer Kandidat für den nächsten Umweltpreis des Deutschen Reisebüro-Verbandes!

taz-reise/gün