: Papier ist geduldig
DDR-Unterschrift unter KSZE-Akte bleibt Makulatur ■ G A S T K O M M E N T A R
Ein Gespenst geht um in Europa. Die Erneuerung des Sozialismus haucht dem Gespenst marxistischen Fortschrittsglaubens neuen Atem ein. In der DDR ist ein Jahrestag zu begehen. Erstes Besinnen auf demokratische Impulse der Arbeiterführer Luxemburg und Liebknecht wollte sich vor einem Jahr an die Öffentlichkeit wagen. Der Ausgang ist bekannt. Die Besinnung hielt das Jahr über an, ebenso staatliche Repressionen. Eine „Initiative zur demokratischen Erneuerung unserer Gesellschaft DDR“ richtete ein Jahr später einen Aufruf an die Bevölkerung der Stadt Leipzig, mit einem Schweigemarsch für politische Grundrechte einzutreten. Gegen Zensur, gegen das Verbot des 'Sputnik‘, für Meinungs- und Versammlungsfreiheit - gegen das lähmende Schweigen im Land - wollte man sich friedlich auf der Straße treffen. Bisher sind elf Festnahmen und Hausdurchsuchungen die traditionelle Antwort des Staates.
Zur selben Zeit warten die Teilnehmerstaaten der Nachfolgekonferenz von Helsinki auf die Unterschrift des finsteren Ceausescu-Regimes, unbesehen, daß die Unterschrift selbst nicht alle Unterzeichnerstaaten an die Einhaltung der Vereinbarung bindet. Zur Durchsetzung demokratischer Veränderungen in der DDR könnte der KSZE-Prozeß beitragen, wenn er sich auf allen Ebenen der Gesellschaft entwickelt. Solange diese Entwicklung in der Gesellschaft unterdrückt wird, bleiben die Unterschriften einzelner Regierungen -einschließlich der DDR- Makulatur. Die demokratische Bewegung in der DDR bleibt auf Solidarität angewiesen. Für die Demokratisierung unserer Gesellschaft reichen papierene Erklärungen allein nicht aus. Lotte und Wolfgang Templin
Initiative Frieden und Menschenrechte DDR, z.Zt. Bochu
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