Etablierte Esoterik des Banalen

■ „KlangWelten“ heute abend um 20 Uhr in der Glocke: Ein leicht zu konsumierender Abend wird es nicht, fragt sich bloß, in welche Richtung sich das salbungsvolle Tun bewegt

Als im Mai 1987 die erste Fassung der KlangWelten in Bremen gastierte, schimpfte der Rezensent hinterher über die „Esoterik des Banalen“, den ideologischen Ballast, den dieses „Festival der meditativen Musik“ an allen Ecken und Enden mit sich herumschleppte. Zu deutlich gewollt schienen die Bezüge zum anhaltenden Esoterik- bzw. New-Age-Rummel, hergestellt unter anderem durch salbungsvolle Worte im Programmheft oder durch die überdeutliche Präsenz der als Sponsor auftretenden Zeitschrift „Esotera“.

Inzwischen haben sich die KLangWelten etabliert, sind bei einem bestimmten Publikumskreis zu einem Magneten geworden und reklamieren gar für sich, zu Europas größter Veranstaltung dieser Art geworden zu sein. Und in der Tat kann man dem künstlerischen Leiter Rüdiger Oppermann kaum absprechen, daß er es immer wieder schafft, Künstler und Musikstile auf die Bühne die

ses Festivals zu bringen, die im „normalen“ Konzertbetrieb entweder nicht vorhanden sind oder aber untergehen. Daß daraus allerdings schon ein stimmiges Konzept im Sinne einer kultur-und zeitübergreifenden Einheitlichkeit in der Vielfalt wird, muß wohl bezweifelt werden.

So liegt in diesem Jahr der programmatische Schwerpunkt eindeutig bei westlicher Musik unterschiedlichster Prägung, und es drängt sich die Frage auf, in welchem Zusammenhang dazu wohl die beiden ethnischen Beiträge stehen mögen. Was haben der australische Ureinwohner Trevor Parfitt und sein Didgeridoo oder der Chinese Cheng Gongliang und seine Griffbrett-Zither Quin mit Johann Sebastian Bach, Neuer Musik oder gar New-Age gemeinsam? Wird da gewaltsam ein gemeinsamer spiritueller Aspekt konstruiert, oder gilt es lediglich, ein paar exotische Farbtupfer aufzubieten, damit man auch die weltmusikalische Seite im Ange

bot hat?

Wie dem auch sei: Im Mittelpunkt stehen andere. Zum Beispiel der amerikanische Cellist Michael Flaksmann, der so unterschiedliche Werke wie eine Suite von Johann Sebastian Bach, ein traditionell jiddisches Stück sowie eine Komposition von Arvo Pärt zur Aufführung bringen wird. Oder das Minimal Orchestra aus Kassel, dessen Name Programm ist und das dementsprechend mit Musik von Steve Reich und Ulrich Götte aufwartet. Zum Höhepunkt geraten soll dann wohl das erstmalige Aufeinandertreffen der beiden Flötisten Paul Horn und Chris Hinze. Horn gilt als Prototyp des New-Age-Musikers und hat sich insbesondere durch seine Aufnahmen „Inside the Taj Mahal“ einen Namen gemacht, während der Holländer Hinze sich in den verschiedensten Bereichen des Jazz getummelt hat. Ein leicht zu konsumierender Abend wird es also bestimmt nicht.

JüS