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Gnade vor Rechts-Neubau

■ Justizsenator will neue Standorte für Justizneubaten in Moabit prüfen / Kirche gemeinsam mit Mieterinitiative gegen die Wohnraum-Vernichtung / 300 Mieter hätten weichen müssen

Justizsenator Rehlinger will neue, alternative Standorte für die Erweiterung des Tiergartener Kriminalgerichts in Moabit prüfen, um möglicherweise den geplanten Abriß mehrerer Mietshäuser in der Wilsnacker Straße Ecke Alt Moabit zu verhindern. Rehlinger, der am 12. Januar eine Abordnung der Mieterinitiative „Wohnen contra Justizfestung“ empfangen hatte, sicherte den Mietern seine Entscheidung bis Ende Januar zu.

Das teilten die Tiergartener Superintendentin Martina Gern und Roland Alburuscheit, Pfarrerin und Pfarrer an der St. Johannis-Gemeinde im Kirchenkreis Tiergarten -Friedrichswerder, gestern mit. Gern und Albruscheit hatten ebenfalls an dem Gespräch mit dem Justizsenator teilgenommen und Rehlinger auf die eklatante Wohnungsnot in der Stadt hingewiesen, ferner auf die Aufgabe der Kirche, Menschen in einer schweren Situation zu helfen sowie alles zu tun, um Wohnraum zu erhalten. Dies entspreche auch der Bitte von Sozialsenator Ulf Fink sowie des Bischofs Martin Kruse, erklärte Superintendentin Gern.

Die Häuser, die im Besitz der Justiz sind und vom Tiergartener Grundstücksamt verwaltet werden, sollen nach Plänen der Justiz abgerissen werden und einem Neubau für mehrere Büro- und Sitzungsräume weichen (taz berichtet). Der Erweiterungsbau, der auch mit „Zentralisierung aus Sicherheitsgründen“ begründet wird, soll 1991 fertiggestellt sein und ist mit einer Summe von 40 Millionen Mark veranschlagt. Die etwa 50 betroffenen Mietparteien hatten bereits im letzten Jahr ihre Kündigungen erhalten mit dem Hinweis, keinerlei Rechtsanspruch auf Ersatzwohnungen zu haben. Betroffen von dem geplanten Abriß wären nach Angaben der Mieterinitiative ca. 300 Menschen, ferner zehn Gewerbebetriebe mit 100 Beschäftigten. Die Mieterinitiative hatte die St. Johannis-Gemeinde um Unterstützung gebeten und bereits im Dezember letzten Jahres eine Bürgerversammlung durchgeführt, wozu sie Bezirkspolitiker sowie Verantwortliche aus der Justizverwaltung eingeladen hatten.

Sollten die Abrißpläne des Justizsenators weiterverfolgt werden, arbeite der Kirchenkreis Tiergarten-Friedrichswerder auf ein mehrjähriges Moratorium hin, bis die Wohnraumknappheit in der Stadt behoben sein wird, heißt es seitens der Gemeinde. Auch werde Bischof Kruse über die Unterredung mit Rehlinger sowie über seine Entscheidung unterrichtet.

epd

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