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Drittklassig

■ Militärs in öffentlicher Rede

Auf die Herren Generäle ist Verlaß. Von Zeit zu Zeit tragen sie selbst dazu bei, daß die große „Akkzeptanz“ der Bundeswehr sinkt und der sicherheitspolitische Konsens noch ein paar Risse bekommt. Das Schöne ist: Sie merken es nicht einmal. Bedanken wir uns jetzt also bei Hans-Jörg Kuebart, seines Zeichens kommandierender General der „Luftflotte“, der sich bei einem Empfang seinen Kummer von der Seele plauderte: Er hat nicht verschmerzt, daß zwei tüchtige Offiziere gehen mußten, nur weil sich die Flieger am Abend der Ramstein-Katastrophe noch ein nettes Tanzvergnügen gönnten. Kuebart zu Ramstein: „Ein drittklassiges Ereignis.“

Die drei Worte sagen mehr über den menschenverachtenden Denkappart der Militärs als drei dicke Bücher. Die Personalpolitik von CDU-Minister Wörner fängt an Früchte zu tragen: Schon lange warnen Friedensforscher vor einer wachsenden antidemokratischen Bunkermentalität im Offizierkorps. Aber je größer die Irritationen, die Glasnost und Perestroika im Westen ausgelösen haben, desto mehr buddeln sich die militärischen Holzköpfe in ihren alten Feindbildern ein. Ähnliche Vorfälle sind also vorprogrammiert.

In Bonn spricht jetzt die große Koalition tief Betroffener und warnt, daß das Ansehen der Bundeswehr durch so viel Kaltschnäuzigkeit und Instinktlosigkeit Schaden nehmen könnte. Dabei hat Kohl selbst Scholz auf diesen Posten gehievt - einen Minister, der durch seinen Führungsstil zusätzlichen Ärger schafft, und den Militärs offenbar nicht einmal das Gefühl vermittelt, die schwierige Lage ihres Berufsstands wenigstens geschickt zu verwalten. Also sagen sie uns munter, wie sie eigentlich denken. Hoffentlich bleibt Rupert Scholz noch recht lange Verteidigungsminister.

Ursel Sieber

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