Tornados nach Südkorea

■ Nach dem Jordanien-Geschäft droht Bonn Streit um eine weitere Krisenregion / Verkäufer des Kampfflugzeugs sondieren in dem Frontstaat

Berlin (taz) - Nach dem Koalitionskrach um die Finanzierung des Rüstungsexports von acht Tornado-Bombern nach Jordanien steht der Bundesregierung nun ein neuer Streit um Waffengeschäfte ins Haus. Der an der Tornado-Produktion beteiligte Münchner Rüstungs- und Raumfahrtkonzern MBB bestätigte gestern, er habe die Absicht, Kampfflugzeuge des Typs „EDS/ECR Tornado“ nach Südkorea zu liefern. Konzernsprecher Udo Philipp gab zu, daß entsprechende Verhandlungen mit Regierungsvertretern in Südkorea seit ungefähr einem Jahr geführt werden.

Die Tornado-Hersteller stünden derzeit aber in Konkurenz mit US-amerikanischen Anbietern von F-16- und F-18 -Kampfflugzeugen. Angaben der 'Süddeutschen Zeitung‘, nach denen die südkoreanische Luftwaffe bis zu 40 Kampfflugzeuge durch Tornados ersetzen will, dementierte Philipp. Die genannte Zahl sei früher einmal lediglich „im Gespräch gewesen“. Unter welcher Regierungshoheit das Geschäft abgewickelt werden soll, ist nach den Worten des MBB -Sprechers auch offen. Der Tornado ist eine Gemeinschaftproduktion von Großbritannien (mit einem 42,5 -Prozent-Anteil), Italien (15 Prozent) und der Bundesrepublik (42,5 Prozent). Im Kooperationsvertrag der drei Länder ist unter anderem vereinbart, daß ein Verkauf der Rechtshoheit des jeweiligen Exportlandes untersteht. Sollte die Endfertigung des Tornados in der Bundesrepublik stattfinden, müßte eine Exportgenehmigung nach Südkorea durch die Bundesregierung erfolgen. Der Standort der Endmontage steht aber angeblich noch nicht fest. Auf die Frage nach möglichen Fianzierungsplänen erklärte der Sprecher der Panavia, die als Tochterfirma der Tornado -Hersteller für die Vermarktung des Tornados zuständig ist: „Da bin ich überfragt.“ Der Stückpreis eines Tornados liegt zwischen 50 und 55 Millionen Mark.

Daß es bereits eine „Voranfrage“ des bayerischen Rüstungskonzerns MBB an die Bundesregierung gibt, bestätigte gestern im Auswärtigen Amt Pressereferent Wunderlich. Ob eine Lieferung der Kampfflugzeuge nach Südkorea gegen die außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik verstoße, werde derzeit noch geprüft. Ein „konkreter Antrag“ zur Erteilung einer entsprechenden Exportgenehmigung sei bis jetzt aber weder von MBB noch von der Panavia Fortsetzung auf Seite 2

gestellt worden.

„Alle Gespräche über den Tornado-Verkauf wurden und werden mit Wissen der Bundesregierung geführt“, so Pressesprecher Philipp. MBB stehe in „laufenden Gesprä

chen“ mit dem Auswärtigen Amt, dem Wirtschafts- und dem Verteidigungsministerium. Kanzleramtsminister Schäuble zeigte sich dagegen überrascht: Er habe erst beim Frühstück aus der Zeitung von den neuen Exportplänen erfahren.

Am Vortag der Bundestagsdebatte und einer Sondersitzung des Münchner Landtages über den Exportkredit für die Lieferung von acht Tornados an Jordanien verlief gestern die Bonner Diskussion um den Jordanien-Kredit vergleichsweise ruhig. Besonderes Interesse galt gestern aber der Stellungnahme des israelischen Botschafters. Er hatte Presseberichte dementiert, nach de

nen die Lieferung der Tornados an den Nachbarstaat Jordanien mit Israel abgesprochen wäre. Münchens SPD-Oberbürgermeister Kronawitter, der im Kreditausschuß der Landesbank der Tansaktion zugestimmt hatte, erklärte dagegen, „von staatlicher Seite“ sei dem Gremium ausführlich dargelegt worden, daß dieses Geschäft „mit Zustimmung der Bundesregierung“ durchgeführt und mit Israel abgestimmt worden sei. Hinter der zurückhaltenden Reaktion Israels vermuten Beobachter Kompensationsgeschäfte, beispielsweise der Wunsch Israels nach bundesdeutschen U-Booten.

Für den Bundeskongreß Entwicklungspolitischer Initiativen (BUKO) erklärte Faltin der taz, die Bonner Regierung könnte sehr wohl die Teillieferungen für den Tornado nach Großbritannien untersagen. Die gesetzlichen Grundlagen dafür seien im Paragraphen 7 des Außenwirtschaftsgesetzes gegeben.

Wolfgang Gast