Abrüstungsspirale dreht sich nur im Osten

■ Die Staaten des Warschauer Paktes haben Truppenabbau und Senkung der Militärhaushalte angekündigt / Nur Rumänien hält sich zurück / Westen will genaue Zahlen / Bonner Regierungssprecher lehnt „Wettlauf um größere Reduzierungszahlen“ ab

Hamburg (dpa) - Die Staaten des Warschauer Pakts haben mit ihren spektakulären Abrüstungsinitiativen für eine neue Dynamik in der sicherheitspolitischen Diskussion zwischen Ost und West gesorgt. Doch der Westen hat die Ostblockstaaten aufgefordert, genaue Zahlen zu nennen. Zahlen, Vergleichsgrößen und Zeiträume „würden die Ankündigungen glaubwürdiger gestalten und der Vertrauensbildung dienen“, sagte Regierungssprecher Ost am Wochenende. Er wandte sich aber dagegen, vom Westen gleiche Schritte zu fordern. Sicherheit werde nicht durch einen „Wettlauf um größere Reduzierungszahlen“ erreicht, sondern durch ein Gleichgewicht, der Pakt sei weiter deutlich überlegen.

Als erster hatte der sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow einen einseitigen Truppenabbau verkündet. Die UdSSR wolle ihren Verteidigungshaushalt um 14,2 Prozent und die Herstellung von Waffen und Militärausrüstung um 19,5 Prozent kürzen. Außerdem soll die Armee um 500.000 Mann verringert werden, das entspricht zwölf Prozent der Truppenstärke der UdSSR. 10.000 Panzer sollen aus Europa abgezogen werden. Gorbatschow begründete den Truppenabbau mit der angespannten Wirtschaftslage.

Die DDR will nach den Worten von Staats- und Parteichef Honecker 10.000 Soldaten „bis Ende 1990“ demobilisieren, nach westlichen Angaben hat die DDR 167.000 Soldaten. Außerdem will sie auf sechs Panzerregimenter, ein Fliegergeschwader und 50 Kampfflugzeuge verzichten. Der Verteidigungshaushalt wird um zehn Prozent einschränkt.

Die CSSR will bis 1991 ihre Militärausgaben um 15 Prozent senken und 12.000 Soldaten entlassen, weitere 20.000 Soldaten werden zu den Bautrupps der Armee abkommandiert. Zudem will die CSSR 850 Panzer, 165 Panzerfahrzeuge und 51 Kampfflugzeuge aus dem Verkehr ziehen.

Polen will in diesem Jahr, ähnlich wie 1988, zwei Divisionen auflösen und in „materialtechnische Stützpunkte“ umwandeln. Außerdem soll der Anteil der Verteidigungskosten am Nationaleinkommen von 3,8 Prozent 1988 auf 3,6 Prozent 1989 fallen. Der Verteidigungsetat soll von 7,7 Prozent (1988) auf 5,5 Prozent 1989 gesenkt, die Wehrdienstzeit verkürzt werden.

Bulgarien hat jetzt angekündigt, einseitig bis 1990 etwa 10.000 Soldaten nach Hause zu schicken, die Militärausgaben sollen um zwölf Prozent schrumpfen. Die Kürzungen schließen auch 200 „Artilleriesysteme“, 20 Flugzeuge und fünf „Marineeinheiten“ ein.

Etwa 4.000 bis 5.000 Arbeitsplätze gehen nach offiziellen Angaben in Ungarn verloren, da der Staat das Militärbudget um 17 Prozent einschränken will.

Nur Rumänien hat sich bislang mit neuen Abrüstungsinitiativen zurückgehalten. Das Land hatte aber bereits 1986 beschlossen, seine Truppen um fünf Prozent zu verringern und weniger Geld für die Rüstung auszugeben.