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Neue Aufrüstung

Nato will Gorbatschow mit Aufrüstung begegnen  ■ K O M M E N T A R E

Selten hat jemand ohne leibliche Anwesenheit eine Tagung so bestimmt wie Michail Gorbatschow das diesjährige Münchener Treffen der „Sicherheitsgemeinde der Nato“ (SPD-MdB Scheer). Kaum ein Diskussionsredner, der nicht auf den sowjetischen Parteichef und die - fälschlicherweise - ausschließlich mit seinem Namen verbundenen Reform-und Abrüstungsinitiativen Bezug nahm. Bis auf Bahr und Genossen sind die meisten voll des abgrundtiefen Antikommunismus, der das Erkennen historischer Chancen verstellt. Viele, darunter Scholz, wiegen sich in der mühsam als „Skepsis“ getarnten Hoffnung, Gorbatschow möge scheitern. Damit das Feindbild, das er uns geraubt hat“ (US-Senator Glenn) auch in den Bevölkerungen der BRD und einiger ihrer westlichen Nachbarn wieder hergestellt würde. Durch die handverlesene Auswahl der Tagungsteilnehmer war sichergestellt, daß die Positionen eines Genscher, die der Belgier, Dänen oder Griechen kaum vertreten waren und so vor allem die US-Politiker und -Medien den beabsichtigten Eindruck von der Isolation der Bundesdeutschen erhielten.

Doch nicht zuletzt die harsche Rede des niederländischen Verteidigungsministers machte deutlich, daß die Ausgangsbedingungen zur Verhinderung der Aufrüstung heute schwieriger sind als zu Zeiten des Nato-Doppelbeschlusses. Die einst für viele vorbildhafte Friedensbewegung des Nachbarlandes ist derzeit nicht existent, im Haager Parlament gibt es kaum Widerspruch gegen die Regierungslinie. In Großbritannien sieht es kaum besser aus. Die bundesdeutsche Friedensbewegung muß dafür sorgen, daß die jetzt endlich in Gang gekommene „Veto„-Kampagne bald westeuropäische und atlantische Dimensionen bekommt, wenn die neue Aufrüstungsrunde verhindert werden soll.

Andreas Zumach

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