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El Salvador-betr.: "Kolumbien: Justizapparat durch Streik lahmgelegt", taz vom 21.1.89

betr.: „Kolumbien: Justizapparat durch Streik lahmgelegt“, taz vom 21.1.89

(...) Die Aussagen, die Krauthausen zum Kontext des Massakers an den Justizangestellten macht, verstärken leider die Stereotypen und die Desinformationen, die bezüglich der Situation in Kolumbien bestehen.

Im mittleren Magdalenental (Medio Magdalena), wo die Morde passierten, kommt es zur Zeit zu einem beschleunigten Prozeß der Landaneignung durch die Mafia. Wenn auch im Einzelfall Widersprüche zwischen den traditionellen Großgrundbesitzern und Viehzüchtern und den neuen finanzstarken Latifundisten bestehen, so sind sich doch beide Machtgruppen - zwischen denen es im übrigen Verknüpfungen gibt - in dem Bestreben nach einer weiteren Konzentration des Bodenbesitzes einig.

Helfershelfer für die Durchsetzung der wirtschaftlichen und politischen Interessen sind die - oft von Großgrundbesitzern und Mafia finanzierten - paramilitärischen Gruppen und die offiziellen Sicherheitskräfte. Die unzähligen politischen Morde in dieser Region haben oft gekoppelte politische und wirtschaftliche Ziele. Die Basisbewegungen der Bevölkerung, die in Kleinbauern- und gewerkschaftlichen Organisationen und in Bürgerkomitees durchaus gut organisiert sind, sollen zerschlagen, die SiedlerInnen durch Terrorisierung von ihrem Land vertrieben werden. Die Guerilla, bestimmt ein wesentlicher Einflußfaktor, operiert im mittleren Magdalenental schon seit den sechziger Jahren.

Geschichtsklitternd ist die Aussage, daß „1985, als linksgerichtete Guerilleros den Justizpalast von Bogota stürmten, ...insgesamt über 100 Menschen ums Leben kamen“. Nach Untersuchungsergebnissen hat nicht die M-19, die den Justizpalast besetzt hatte, die Geiseln umgebracht, sondern diese kamen um, als die Armee das Gebäude stürmte. Die Sicherheitsdienste hatten vorher Informationen über die Pläne der Guerilla, deren Attacke jedoch nicht verhindert. Richter des Obersten Gerichtshofs und des Staatsrates, die im Justizpalast umkamen, waren u.a. mit Untersuchungen und Prozessen gegen Mitglieder der Sicherheitskräfte und die Mafia befaßt gewesen.

Die Richter Kolumbiens sind nicht, wie Krauthausen oberflächlich schreibt, „nun erneut ins Visier der Gewalttäter geraten“. Bedroht von der Gewalt von rechts sind diejenigen Mitglieder des Justizapparats und der Ermittlungsbehörden, die mit rechtsstaatlichen Kriterien die Urheberschaft politischer Morde u.ä. sowie Mafiadelikte untersuchen. Anläßlich der Ermordung von zwölf KollegInnen forderten sie wegen der Verfilzung mit den rechten Terrorbanden eine Säuberung von Polizei und Sicherheitskräften.

Bettina Reis, Verein für entwicklungsbezogene Bildung zu Kolumbien e.V., Nürtingen

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