: Bertelsmann-Music: Wir werden noch aggressiver
■ Aufholjagd auf CBS und Warner / Kritik an Musikaufkauf durch U-Elektronik-Konzerne
New York (dpa) - Die Bertelsmann Music Group (BMG) will nach der erfolgreichen Integration der früheren RCA-Musik-Firmen ihren Expansionkurs im Ausland aggressiv fortsetzen. Das Vorstandsmitglied der Bertelsmann AG und BMG-Präsident, Michael Dornemann, hob jetzt vor der amerikanischen und deutschen Presse „den bisherigen Erfolg der Restrukturierung“ hervor. So habe sich ein zweistelliger Millionen-Verlust des Gesamtbereichs im Vorjahr in einen kräftigen Betriebsgewinn von 65 Millionen Dollar (113,7 Mio. DM) verwandelt.
Der Umsatz der von New York aus geführten Gesellschaft erhöhte sich im Geschäftsjahr 1987/88 (30.Juni) um fast 82 Prozent auf 2,59 Milliarden DM. Während der ersten sechs Monate des laufenden Geschäftsjahres habe man den Gewinn des gesamten Vorjahres überschritten.
Dornemann bezeichnete den 1984 von der General Electric Corp übernommenen RCA-Musikbereich, der seit Dezember 1986 voll in die BMG integriert ist, als „schlafenden Riesen“, dem das „kreative Element“ fehlte. Bertelsmann war an RCA Records bereits zu 25 Prozent beteiligt und zahlte für die verbleibenden 75 Prozent rund 330 Millionen Dollar. „Jetzt können wir uns darauf konzentrieren, eine neue Phase der aggressiven Expansion zu beginnen“, sagte Dornemann.
Dennoch sei das Ende des Tunnels noch nicht erreicht, doch wenigsten sei ein „Hoffungsschimmer“ zu erkennen, sagte Dornemann. Heute liege der Marktpreis der RCA-Musikgruppe deutlich über dem Preis, den Bertelsmann vor zwei Jahren bezahlt hatte. Es stehe jedoch außer Frage, den Musikbereich wieder zu verkaufen. Im Gegenteil solle vor allem in den Aufbau des Künstlerstammes und in „kreatives Personal im eigenen Hause“ investiert werden. Bei „vernünftiger Preisgestaltung“ sehe er durchaus auch gute Chancen, etablierte Musikfirmen - vor allem Musikverlage - zu übernehmen, erklärte Dornemann.
Um mit den Konkurrenten Warner und CBS Schritt halten zu können, müsse Bertelsmann auch in den USA hart arbeiten, betonte Dornemann. Die BMG-Umsatzrendite liege mit 4,4 Prozent deutlich unter den Ergebnis von Warner und CBS, die vergangenes Jahr von der japanischen Sony gekauft wurde. Wiederholt ist die Bertelsmann-Gruppe bei Übernahme -Gerüchten im Zusammenhang mit der MCA ins Gespräch gebracht worden. Dornemann sagte jedoch, der inoffiziell gehandelte Preis von fünf Milliarden Dollar sei nicht realistisch.
Besorgt äußerte sich Dornemann über die „sehr reale Gefahr“, daß die Notwendigkeit zum Schutz des Copyrights nicht von allen Marktteilnehmern gleichermaßen anerkannt und beachtet wird. Der Copyright-Schutz werde besonders dadurch erschwert, daß Musikfirmen durch Hersteller von Unterhaltungselektronik aufgekauft werden, deren Geräte die Vervielfältigung von Tonträgern in hoher Qualität ermöglichen.
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