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Digitales aus dem Weltraum

■ Frankreich leitet Fernseh-Revolution ein / Empfängertechnik hinkt noch nach

Bonn (dpa) - „Eine Weltpremiere“ stellte Frankreichs Botschafter Serge Boidevaix auf Schloß Ernich bei Bonn vor: digitale und gestochen scharfe Fernsehbilder aus dem Weltraum vom französisch-deutschen Satelliten TDF. Die „audiovisuelle Revolution von 1989“ hatte die EG -Botschafter, die Politiker und „tout Bonn“ angelockt. Der deutsche TV-Sat 1 war ja vor einem Jahr nach einem verheißungsvollen Start wegen mangelnder Energieversorgung ausgefallen.

Während eine Kopie des gescheiterten Satelliten noch in diesem Jahr in eine geostationäre Umlaufbahn in rund 35.000 km Höhe gebracht werden soll, war TDF, der mit der deutschen Schwester praktisch identisch ist, am 26.Oktober 1988 gestartet. Frankreich verwandelte mit großer Geste die technische Erstaufführung am Montag abend in ein gewaltiges Historienspiel im 200.Jubiläumsjahr der französischen Revolution. Die Inszenierung rund um den Film „Alle Bürger“ reichte vom Massenchor auf den Stufen der Nationalversammlung bis zur Urmutter des französischen Patriotismus, einer ansehnlichen Marianne „oben ohne.“

Nicht alles kam in der Residenz des Botschafters an. Zu neu war das Medium und seine noch komplizierte Empfangstechnik. Die Parabolantenne fand den richtigen Kanal erst nach einer halben Stunde. Aber das digitale, hochauflösende Bild war im wahrsten Sinne des Wortes bestechend und in dieser Brillanz noch nie zu sehen gewesen.

Herr Müller und Monsieur Dupont können es allerdings noch nicht empfangen. Frühestens im Sommer sind die kleinen Dach -„Schüsseln“ von 40 Zentimetern Durchmesser und der notwendige Umsetzer im Handel zu haben, zunächst für wahrscheinlich 1.500 bis 2.000 Mark und in der Hoffnung, daß die Serie den Preis später drückt. Genausoviel wird der Empfänger kosten, denn mit der alten „Glotze“ läßt sich der technische Fortschritt nicht mehr einfangen.

Dafür aber gibt es auch keine Sprachschwierigkeiten. Die ebenfalls digitalen Tonkanäle erlauben parallele Synchronisierungen neben dem Bild. Das war nicht unwichtig bei einem bisher ebenfalls beispiellosen Empfangsgebiet von rund 400 Millionen Menschen, von Nordafrika bis Mittelnorwegen. Buchstäblich mit Pauken und Trompeten hat sich am Montag Europa einen weiteren Schritt dem großen europäischen Binnenmarkt genähert.

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