piwik no script img

Adornos Zunge

Er saß in dem geheizten Zimmer

Adorno mit der schönen Zunge

und spielte mit der schönen Zunge.

Da kamen Metzger über Treppen,

die stiegen regelmäßig Treppen,

und immer näher kamen Metzger.

Es nahm Adorno seinen runden

geputzten runden Taschenspiegel

und spiegelte die schöne Zunge.

Die Metzger aber klopften nicht.

Sie öffneten mit ihren Messern

Adornos Tür und klopften nicht.

Grad war Adorno ganz alleine,

mit seiner Zunge ganz alleine;

es lauerte auf's Wort, Papier.

Als Metzger über Treppenstufen

das Haus verließen, trugen sie

die schöne Zunge in ihr Haus.

Viel später, als Adornos Zunge

verschnitten, kam belegte Zunge,

verlangte nach der schönen Zunge,

zu spät.

Günter Grass

Günter Grass: „Die Gedichte“, Sammlung Luchterhand, 1988, 432 Seiten, 19,80 DM

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen