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Endlich legal

Das neue Betreuungsgesetz und (Zwangs)sterilisationen  ■ G A S T K O M M E N T A R

Nun ist sie also da, die von Ärzten, Juristen und Behindertenverbänden herbeigesehnte gesetzliche Regelung der Sterilisation geistig Behinderter. Sie beseitigt die rechtliche Grauzone, in der bis jetzt viele (Zwangs -)Sterilisationen, auch an Minderjährigen, illegal durchgeführt wurden. Aber die Neuregelung, die de facto nur Frauen betrifft, ist weit von einem generellen Verbot entfernt.

Sterilisation ohne Einwilligung soll zwar nur noch bei volljährigen, „einwilligungsunfähigen“ Personen und auch nur dann möglich sein, wenn eine Schwangerschaft zu schweren körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen der Frau führt. Aber zu lezterem zählt auch das „Leid“, das durch die Trennung von Mutter und Kind verursacht würde. Diese Trennng ist derzeit gängige Praxis der Behörden. Bei nichtbehinderten Frauen wird vor diesem Schritt zunächst staatliche Hilfe angeboten. Da es entsprechende Hilfen für geistig Behinderte nicht gibt, erfolgt die Trennung zwangsläufig. Somit trifft bei entsprechendem Gutachten diese Indikation für jede geistig oder psychisch behinderte Frau zu. Die Legalisierung der bisher illegalen Praxis wird darüber weitgehend ermöglicht.

Darüber hinaus ist zu befürchten, daß der Bereich, in dem wirklich Handlungsbedarf besteht, nun vernachlässigt wird: die Erarbeitung und Finanzierung von Hilfen für geistig behinderte Mütter/Eltern, bessere Sexualerziehung, Schutz vor sexuellem Mißbrauch. Dem Druck zur Lösung des sozialen Problems haben sich die Verantwortlichen durch die Legalisierung der technischen Lösung Sterilisation elegant entzogen.

Swantje Köbsell, Autorin und in der Behindertenbewegung engagier

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