: Grüne Zierde, grünes Zieren
■ Politisches Familienunternehmen steht vor dem Rollentausch
Wenn er geht, knallen die Sektkorken. Wenn er bleibt auch. Fünf Flaschen hat der grüne Abgeordnete Martin Thomas gewettet, daß sein Amtskollege Ralf Fücks seinen Platz in der Bürgerschaft nicht zugunsten eines Bonner Parteivorstandssessels räumen wird.
Bei den Wettlustigen unter den grünen Abgeordneten ist Thomas zur Zeit in der Minderheit. Die meisten Tips lauten: Fücks will sich zwar nochmal bescheinigen lassen, wie unersetzlich er ist, aber dann doch sein Bürgerschaftsmandat niederlegen, um sich in Bonn für jene höheren Aufgaben zu empfehlen, zu denen er sich schon lange berufen fühlt.
Nicht immer allerdings fallen die Wetten mit den Wünschen zusammen. Während die Abgeordnete Jahnke sich z.B. nachsagen lassen muß, ohne Vordenker Fücks künftig ganz aufgeschmissen zu sein, wären die Abgeordneten Tiefenbach und Schramm dem Vernehmen nach gar nicht unglücklich, wenn von ihnen auch mal jemand was über grüne Wirtschaftspolitik wissen wollte.
Die WetterInnen für den Abschied des prominentesten Bremer Grünen setzen auf drei einfache Kalküls. Erstens: Fücks muß parteipolitisch gehen, weil er als einziger Kandidat der flügel-integrativen „Aufbruchs„-Fraktion gute Aussichten bei den Vorstandssprecher-Wahlen gegen Fundi Rainer Trampert hat. Zweitens: Fücks muß privat-politisch gehen, weil alle Wege politischer Karrieren nunmal nach oder zumindest über Bonn führen. Und drittens: Fücks muß finanzpolitisch gehen, weil ein weiteres Mandat in der Bürgerschaft höchst ungewiß, Fücks Haus aber noch nicht abbezahlt ist.
In grünen Frauenkreisen ist Fücks-Lebensgefährtin und MdB Marieluise Beck-Oberdorf bereits vorsorglich dem Gerücht entgegengetreten, sie werde nun die eigenen politischen Ambitionen einer Männerkarriere opfern. Beck-Oberdorfs partnerschaftliches Gegenargument: Nachdem Fücks ihr jahrelang den Rücken freigehalten habe, sei ein möglicher Rollentausch nur fair. Auch für eine Bremer Lehrer-Stelle hat Beck-Oberdorf schon gesorgt. Mit der Fürbitte des Bonner SPD-Abgeordneten Ernst Waltemathe bei Bildungssenator Franke, wie man in der grünen Fraktion wissen will, im ganz normalen Tauschverfahren, wie Beck-Oberdorf selbst beteuert.
Am Montag sollen Fücks‘ Gewissenskonflikte zwischen Familien - und Parteiväterlichkeit in der Fraktion diskutiert werden. Dafür brachen die Grünen sogar das Gesetz, nach dem alle Fraktionssitzungen öffentlich sind. Für den kommenden Montag verkündete Geschäftsführer Rainer erstmals eine „nicht öffentliche Sitzung“.
Rosi Roland
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