Alliierte gegen Freileitung

■ Erhebliche Flugsicherheitsbedenken gegen geplante Spandauer Ost-West-Stromtrasse / Bezirk spricht von Lüge und Betrug

Die vom Senat und der Bewag als letztes Teilstück der Stromleitung von Helmstedt nach Berlin geplante 380.000-Volt -Freileitung quer durch Spandau kann aufgrund alliierter Bedenken voraussichtlich nicht gebaut werden. Die von der Stadtgrenze bis zum Kraftwerk Reuter projektierten 60 bis 70 Meter hohen Strommasten verstoßen nach alliierter Auffassung gegen die Flugsicherheitsbestimmungen. So schrieb die Alliierte Beschwerdestelle der Bezirksgruppe Spandau des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) auf eine Eingabe vom August, fünf Tage vor den Wahlen, daß die Besatzungsmächte das „Projekt, so wie es vorgeschlagen wurde, aus Flugsicherheitsgründen nicht genehmigt“ hätten. Dies sei „nach sorgfältiger Durchsicht geschehen“. „Soweit uns bekannt ist, werden jetzt andere Pläne untersucht“, heißt es in dem Brief weiter. Nach Informationen des 'Volksblatts‘, das das Schreiben am Dienstag veröffentlichte, stellten die Alliierten auf der geplanten Stromtrasse eine Vielzahl von Beeinträchtigungen der Flugsicherheitsbestimmungen fest. So würden 19 der Masten in eine der vorgeschriebenen Freiflächen des Flughafens Tegel ragen. Auch hätten sie Bedenken wegen der möglichen Auswirkungen der elektromagnetischen Felder der Hochspannungsleitung auf das Tegeler Instrumenten -Landesystem angemeldet.

Dem 'Volksblatt‘ zufolge hat die Alliierte Kommandantur der Verkehrswaltung Senator Wronskis bereits im Dezember mitgeteilt, daß die Freileitung so nicht genehmigt werden könne. Konfrontiert mit dem indirekten Vorwurf, die Tatsache des alliierten Vetos gegen die Trassenplanungen bewußt bis weit über den Wahltermin hinaus verschwiegen zu haben, hüllte sich die Verkehrsverwaltung bis gestern in Schweigen. Ein „Vorgang“ mit den alliierten Einwendungen sei dem Senat und auch der Verkehrsverwaltung „erst seit kurzer Zeit“ bekannt, sagte dagegen Senatssprecher Henschel, ohne die Zeitangabe präzisieren zu können. Er nannte auf Nachfrage den Dienstag. Laut Henschel hat der Senat schon gestern Verhandlungen mit den Alliierten über andere, denkbare Varianten der Stromtrasse aufgenommen.

Empört über die Haltung von Senat und Bewag ist das Spandauer Bezirksamt. „Wir haben immer gesagt, es ist kriminell, eine Freileitung durch eine Einflugschneise zu ziehen und sind von vorne und hinten belogen und betrogen worden“, sagte der Baustadtrat Jungclaus (SPD). Bewag -Sprecher Möller erklärte, ein unterirdisches Kabel sei fünfmal teurer als eine Freileitung, daher müsse die Bewag nun über ihr Pläne „ganz neu nachdenken“.

thok