: Überlebensmanagement
Zur Wiederinbetriebnahme der Atommeiler in Biblis ■ K O M M E N T A R E
Alles Paletti in Biblis. Die Forderungen der Herren Weimar und Töpfer sind erfüllt. „Sicherheitserhöhende Maßnahmen“ werden vorgenommen, vom TÜV geprüft und abgenommen. Die verbunkerte Notfallwarte existiert - auf dem Papier. Dickere Rohrleitungen werden eingebaut - im Laufe des Jahres. Bis dahin darf gebetet werden.
Vor der Einigung: Zwei Wochen Scheingefechte fürs Publikum, die Reaktorminister zeigen Zähne, die Betreiber Reue. Kraftwerksdirektor und Schichtleiter als Bauernopfer, ein paar technische Änderungen, nicht zu teuer, nicht zu schnell. Das Skandalkarussell dreht sich weiter, Tritium nach Pakistan, mörderische Chemie nach Libyen. Die Öffentlichkeit rotiert mit, der fällige Aufschrei bleibt aus. Das Krisenmanagement zwischen Behörden und AKW -Betreibern funktioniert reibungslos und routiniert.
Das Schauspiel ist mehr als das Ergebnis langjähriger Übung. Der Niedergang der Atombranche nach Tschernobyl, Hanau und Biblis hat die Atomiker und ihre politischen Sachwalter auf Gedeih und Verderb miteinander verknotet. Die gemeinsame Überlebensrechnung ist denkbar einfach: Gegenüber einer Öffentlichkeit, die die Atomgemeinde längst als schwerkriminelle Bande abgehakt hat, sind auch CDU -Reaktorminister gezwungen, öffentlich den scharfen Aufpasser zu mimen. Gut verkaufte (Schein-)Konzessionen der Betreiber waren seit dem Nukem/Transnuklear-Skandal der Preis für das Überleben jeder Proatom-Regierung - und damit der Skandalbranche. Ob das im Falle Biblis - vier Wochen vor den Kommunalwahlen in Hessen - ausreicht? Wohl kaum. Wenn schon die Narren am Rhein dem Bundesreaktorminister die Bibel als letztes Mittel gegen Biblis ans Herz legen.
Gerd Rosenkranz
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