: Apartheid-Krieg verweigert
■ Südafrikanischer Kriegsdienstverweigerer informiert / Sechs Jahre Knast oder Exil / Trotzdem große KDV-Organisation
Eigentlich hätte er gestern in Bremen gar keine Pressekonferenz geben dürfen. Als Kriegsdienstverweigerer und Mitglied der „End Conscription Campaign“ (ECC), die in Südafrika für ein Recht auf Kriegsdienstverweigerung eintritt, hat Alastair Teeling-Smith nämlich eine persönliche Verbots-Anordnung bekommen. Damit will das Apartheid-Regime den 27jährigen Studenten und Kriegsgegner daran hindern, „Interviews zu geben, für seine Organisation zu werben und zu mehr als 20 Personen zu sprechen“. Doch genau dies tut Alastair seit Beginn seiner Rundreise durch Europa fast jeden Abend. Auf über 50 Veranstaltungen sammelt er zusammen mit zwei weiteren ECC-Mitgliedern Unterstützung im Kampf gegen das südafrikanische Militär.
Drei Kriege führt die knapp 100.000 Soldaten starke Armee zur Zeit: Gegen die Opposition im eigenen Land, im völkerrechtswidrig besetzten Namibia und gegen die Frontstaaten Angola und Mozambique. Massaker, Hinrichtungen, Folter, Vergewaltigungen und Zwangsumsiedlungen gehören dabei zu ihrem Alltag. Wer sich daran nicht beteiligen will und den insgesamt vierjährigen Kriegsdienst verweigert, steht vor der Wahl, für sechs Jahre in den Knast oder ins ausländische Exil zu gehen. Nur wenige schaffen es, sich bis zum Ende ihrer Wehrpflicht im 56. Lebensjahr zu verstecken.
143 wehrpflichtige Weiße - die schwarze Bevölkerungsmehrheit wird im Apartheid-Staat nur als Söldner an die Waffen gelassen - haben im vergangenen Jahr öffentlich ihre politische Kriegs
dienstverweigerung erklärt. Zwei von ihnen sind bereits zu sechsjährigen Gefängnisstrafen verurteilt worden. Ihre Organisation, die ECC, wurde verboten. Trotzdem sehen die rund 1.000 aktiven Mitglieder - zur Hälfte sind es Frauen Chancen für ihre Forderungen. Sogar die rechten Parlamentsparteien halten inzwischen die sechsjährige Gefängnisstrafe für überzogen, Unternehmerverbände wehren sich gegen die lange Kriegsdienstzeit und viele Oppositionsorganisationen unterstützen die Forderung nach einem Recht auf Kriegsdienstverweigerung.
Von ihrer Europa-Reise versprechen sich die ECC-Aktivisten nun noch entsprechende internationale Aufmerksamkeit. Vor allem die Bundesrepublik ist da gefragt. Denn im Unterschied zu anderen EG-Ländern, Australien und Canada, werden südafrikanische Kriegsdienstverweigerer hier nicht als politische Flüchtlinge anerkannt. Außerdem hat die Bundesregierung immer noch nicht gegen die Wehrpflicht ihrer Staatsangehörigen in Südafrika interveniert. Im Gegenteil: Deutsche, die für den Apartheid-Staat in den Krieg gezogen sind, werden nicht mehr zur Bundeswehr einberufen.
Auf 100.000 schätzt der ECC die Zahl junger südafrikanischer Männer, die dem Kriegsdienst durch Emigration entgangen sind. Alastair Teeling-Smith will sich dazu nicht zwingen lassen. Nach seiner - verbotenen Vortragsreise durch Europa setzt er auf den Erfolg der eigenen Arbeit: Die Einführung eines Rechtes auf Kriegsdienstverweigerung in Südafrika.
Ase
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