: Etikettenwechsel bei Atomschieber Hempel
Der Düsseldorfer Atomhändler verkauft Teile seiner skandalbelasteten Firmengruppe an sich selbst / Undurchsichtiges Manöver gibt selbst Brancheninsidern Rätsel auf / Soll der Take-over die Firma vor dem Zugriff der bundesdeutschen Behörden schützen? ■ Von Thomas Scheuer
Düsseldorf (taz) - Gerne treibt der Düsseldorfer Atomartikel -Schieber Alfred Hempel bombige Geschäfte mit Atomikern in Südafrika, Pakistan, Indien und Argentinien - neuerdings offenbar auch mit sich selbst. Hempels Firmengruppe, die weltweit mit Isotopen und Nuklearbedarf handelt und Monopolverträge mit der sowjetischen Staatshandelsfirma Techsnabexport hat, geriet im vergangenen Jahr wegen Schwarzmarktgeschäften mit Schwerwasser und Uran mehrfach in die internationalen Schlagzeilen und in Folge auch auf die Tagesordnung des Bonner Untersuchungsausschusses zum Atomskandal.
Zum Jahresanfang veräußerte der windige Händler nun die Bereiche „Nukleartechnik“ und „Isotope“ seines weitverzweigten Konsortiums - an eine Firma, die ihm selbst fast zur Hälfte gehört. Die gesamten Firmenaktivitäten in den beiden genannten Bereichen, so teilte die Düsseldorfer „Alfred Hempel GmbH&Co.KG“ vor drei Wochen ihrem Kundenkreis in einem knappen Schrieb mit, seien „mit Wirkung vom 01. Januar 1989 an die I.R.E. Diognostic Vertriebsgesellschaft mbH.“ verkauft worden. Diese Firma aber gehört zu fast 50Prozent der „Rohstoff-Einfuhr-GmbH“, und die wiederum gehört Hempel. I.R.E. firmiert in Düsseldorf und im schweizerischen Zug unter den gleichen Adressen wie die Hempel-Firmen.
Schon im vergangenen Sommer berichteten Firmenmitarbeiter der taz von „Auflösungserscheinungen“ im Hempel-Imperium. Es hieß, der Alte, seit etwa 1986 aus gesundheitlichen Gründen kaum noch selbst geschäftlich aktiv, wolle zur Sicherung seines Lebensabends in seiner „Villa Sterenal“ bei Nizza nur die Provisionen aus den Alleinvertriebsrechten für die Uran -Anreicherung in der UdSSR (Umsatzvolumen: rund 200 Mio. Mark pro Jahr) mit in den sonnigen Süden nehmen und seine anderen Firmen meistbietend abstoßen. Den „Strahlenkram“, so hieß es, werde Hempel-Adlatus Helmut Swyen übernehmen und möglicherweise von der Schweiz aus managen. Nun scheinen sich die Hempel-Männer mehr nach Benelux zu orientieren. Die Düsseldorfer I.R.E. Diagnostic wurde im Herbst 1982 als Vetriebsgesellschaft von der halbstaatlichen belgischen Nuklearfirma „Institut national des radioelements“ (I.R.E.) gegründet, vermutlich um ein Verkaufsbein in den westdeutschen Isotopenmarkt zu bekommen. I.R.E. Belgien hält knapp über 50Prozent des Stammkapitals, die andere Fast -Hälfte gehört Hempels Rohstoff-Einfuhr-GmbH. Das Verkaufsmanöver zwischen Hempel und I.R.E. gibt derzeit selbst Brancheninsidern noch Rätsel auf. Der „Take-over“ werfe mehr Fragen auf, als derzeit beantwortet werden könnten, meinte der Deutschland-Experte des US-Fachblattes 'nucleonics week‘ zur taz. Möglicherweise soll durch die Firmen-Neustrukturierung der Kopf des Konsortiums ins Ausland verlagert, mithin vor dem Zugriff deutscher Behörden besser gesichert werden. Die ganze Operation ein Etikettenschwindel? An Geschäftsaufgabe scheinen Hempels Manager jedenfalls nicht zu denken. In ihrem Kundenrundschrieb teilen sie mit: „Das gesamte Ihnen bekannte Personal wird geschlossen übernommen und steht Ihnen daher auch zukünftig in der gewohnten Weise zur Verfügung.“ In der gewohnten Weise!?
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