piwik no script img

Papiertiger

■ Der Euro-Brüter wird niemals brüten

Wetten, daß der jetzt mit großem Brimborium vorgestellte Euro-Brüter nie ein Gramm Plutonium oder eine Kilowattstunde Strom produzieren wird? Das Schauspiel, das uns ein paar versprengte Kämpfer aus der Atomgemeinde in diesen Tagen bieten, mag passabel inszeniert sein. Es hat nur einen Fehler. Die Kulisse fehlt.

Kein europäischer Stromkonzern wird in diesem Jahrhundert auch nur im Traum auf die Idee verfallen, zehn oder mehr Milliarden Mark in dieses Projekt zu pumpen. Es rechnet sich ganz einfach nicht. Da bleiben auch die wunderbarsten Beschwörungsformeln der selbst in ihrer eigenen Bezugsgruppe isolierten Brüterfreunde verlorene Liebesmüh - etwa die fast schon lyrische Rede vom „technologischen Fadenriß“, den es um einer güldenen Energiezukunft willen zu verhindern gilt. Auch die Regierungen werden sich hüten, mehr als eine Nebenrolle zu übernehmen. Welcher Forschungsminister wäre heute so dumm, nach Kalkar ein neues Faß ohne Boden aufzumachen? Der Fall scheint also klar: Nach der jetzt offiziell eingeläuteten Konzeptionierungsphase, spätestens aber nach Abschluß der konkreten Planungen, wird der Mammut -Brüter begraben.

Kein Grund zur Aufregung also? Doch! Als die europäischen Forschungsminister 1984 das Rahmenabkommen zur Brüterentwicklung unterzeichneten, mag der eine oder andere den Eingebungen der Atomgemeinde noch ein Fünkchen Wahrheit zugebilligt haben. Der Stillstand in Kalkar war nicht abzusehen, weil Düsseldorfer SPD-Minister bis dahin eine Teilgenehmigung nach der anderen erteilten. Das Debakel des bettnässenden französischen Superphenix stand noch bevor. Aber heute? Der Bonner Forschungsminister weiß so gut wie alle Beteiligten des gestrigen Schauspiels, daß es nur noch um eines geht: Die Gage für den Rest der Spielzeit. Die öffentlichen Mittel sollen solange sprudeln, bis der letzte Vertreter dieser ebenso selbstgefälligen wie verkorksten Forscher-Generation sein gut dotiertes Altenteil erreicht hat. Das genau ist der Skandal. Umschulung wäre angesagt. Möllemann übernehmen Sie!

Gerd Rosenkranz

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen