: Mit lila Pinseln-betr.: "Raus aus der lila Kuschelecke", taz vom 9.2.89
betr.: „Raus aus der lila Kuschelecke“, taz vom 9.2.89
Der konstruierte Gegensatz zwischen autonomer und institutioneller Frauenpolitik entspricht meines Erachtens weder den Erfahrungen noch den Aktivitäten in Bezug auf die Förderung von Frauenforschung während der vergangenen Jahre. Der Vorschlag der Autorinnen, sich definitiv für eine Strategie zu entscheiden, ist aus meiner Sicht ein Angebot von Alternativen, die so nicht exitieren beziehungsweise überwunden sind. (...)
Ohne die mit lila Pinseln aufgezeichnete Situation der Frauenforschung in- und außerhalb der Hochschulen gäbe es weder die AG „Förderung von Frauen im Bereich der Wissenschaft“ der BLK (Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung) noch den § 2 des HRG, der die Hochschulen auffordert, die Benachteiligung von Wissenschaftlerinnen zu beseitigen. Leider wird kaum deutlich, wie die Autorinnen konkrete Schritte der „integrativen Wissenschaftspolitik“ zum Beispiel den schnellen Weg der Frauen in die Gremien, effektiver bewerkstelligen wollen. Der Verweis auf die Zuständigkeit der Frauenbeauftragten der Länder liegt ein bißchen schief: Die Frauenbeauftragten hatten auf ihrer Fachkonferenz in Hagen zum Thema Stand und Perspektiven staatlicher Frauenforschungsplitik deutlich einem Konzept der Doppelstrategie den Vorzug gegeben. Das heißt Sondermittel,
-stellen und -programme zur Förderung von Frauenforschung und Wissenschaftlerinnen und Bekämpfung frauendiskriminierender Strukturen in den Institutionen.
Noch einiges zur Präzision der Ratschläge für die betroffenen Forscherinnen. Die DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) sollte sicher nicht zum Buhmann stilisiert werden, aber ehe frau über die mangelnde Geschicklichkeit der Kolleginnen bei der Antragstellung spekuliert, ist doch zu fragen, ob ansonsten die Geldströme immer nur in die Richtung nachgewiesener Spitzenqualifikation fließen. Bis vor kurzem konnte die DFG nicht den Anteil der Frauen unter den Stipendiaten nennen und bis heute haben Wissenschaftlerinnen einen Anteil von 2,4 Prozent unter den Fachgutachtern, die über die Bewilligung/Ablehnung von Anträgen entscheiden. Für AntragstellerInnen reicht es übrigens nicht aus, sich einer promovierten Sponsorin zu bedienen, diese muß auch Inhaberin eines Arbeitsplatzes in einer wissenschaftlichen Institution sein.
Auch der Verweis der Frauenforschungseinrichtungen auf die „blaue Liste“ ist leider irreführend: Eintrittskarte ist der Nachweis eines Mindestjahresumsatzes von 2,2 Millionen DM.
Da, wo Frauen versuchen in Freiräumen mittels wissenschaftlicher Arbeit auch ihre Existenz zu sichern, gibt es meines Erachtens weder Platz noch Zeit, um Kuschelecken zu genießen.
Johanna Kootz, Mitarb. der ZE Frauenstudien/Frauenforschung der FU Berlin
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