AKP-Staaten gegen Anpassungsprogramme bei Lome

■ EG-AKP-Treffen in Brazzaville: Finanzhilfe bei Sanierungsmaßnahmen

Brazzaville (afp/taz) - Die Europäische Gemeinschaft und ihre Partnerländer aus dem afrikanisch-karibisch-pazifischen Raum (AKP) sind zum Abschluß ihrer Konferenz im kongolesischen Brazzaville zu einer grundsätzlichen Einigung über eine weitere finanzielle Hilfe der EG gelangt. Wie von EG-Diplomaten mitgeteilt wurde, soll in erster Linie denjenigen Drittwelt-Ländern unter die Arme gegriffen werden, die sich im Gegenzug zu Sanierungsmaßnahmen für ihre Wirtschaft bereiterklären. Eine solche Auflage stelle eine „Premiere“ in den Beziehungen zwischen beiden Seiten dar, hieß es aus EG-Delegationskreisen nach den gut 48stündigen Beratungen.

Das zur Zeit noch geltende dritte Lome-Entwicklungshilfe und Handelsabbkommen (Lome III) mit den 66 AKP-Staaten läuft im Februar 1990 aus. Es räumt den AKP-Staaten unter anderem für ihren Export von Agrar- und Mineralprodukten zollfreien Zugang zu den EG-Märkten ein. EG und AKP hatten sich in Brazzaville getroffen, um die Modalitäten für eine Erneuerung dieses Abkommens zu diskutieren. Die Verhandlungen über ein neues Vertragswerk sollen bis Ende des Jahres zu einem unterschriftsreifen Abkommen (Lome IV) führen. Lome III (1986 bis 1990) umfaßt ein Budget von 9,5 Milliarden Dollar. Das neue Abkommen dürfte jedoch noch Anlaß zu kontroversen Verhandlungen bieten, vermuteten am Samstag AKP-Delegierte in Brazzaville.

Die AKP-Staaten wollen weitere Hilfen der EG allerdings nicht an Bedingungen hinsichtlich ihrer eigenen Wirtschaftspolitik gebunden wissen. Bereits am Freitag war Kritik lautgeworden am Vorschlag der Zwölf, künftige EG -Anpassungshilfen an die Bedingungen zu koppeln, die der Internationale Währungsfonds (IWF) für derartige Programme in der Dritten Welt verlangt. Diesen Bedenken versuchte der spanische Außenminister Francisco Fernandez Ordonez als amtierender Vorsitzender im EG-Ministerrat am Samstag zu begegnen. Die Europäische Gemeinschaft werde nicht nur die vom IWF üblicherweise berücksichtigten „technischen“, sondern auch die „politischen und sozialen Elemente“ künftiger Anpassungshilfen für die AKP-Staaten im Auge behalten, versprach er in Brazzaville. Vertreter der EG -Staaten haben die Einbeziehung der „Anpassungspolitik“ in die Lome-Verhandlungen inoffiziell stets damit begründet, daß die bisherige Auflagenpolitik von IWF und Weltbank die Lome-Entwicklungspolitik oftmals konterkarierten. Um besser auf die Politik dieser beiden Institutionen in den Drittwelt -Ländern einwirken zu können, müsse die Lome-Politik mit der IWF- und Weltbankpolitik abgestimmt werden.

Die verschuldeten Entwicklungsländer haben zur Zeit sowohl an den ständig fallenden Rohstoffpreisen als auch an ihrem Schuldendienst zu tragen. Vor dem Hintergrund ihrer Schuldenlast von insgesamt rund 140 Milliarden Dollar (knapp 260 Mrd. Mark) hatten die AKP-Staaten in Brazzaville zumindest die EG und deren Mitgliedsstaaten um Nachlaß gebeten. Dazu sagte Fernandez Ordonez, „für dieses globale Problem (müsse) auch eine globale Lösung gefunden werden“. Sein Landsmann, der neue EG-Entwicklungskommissar Manuel Marin, ließ wissen, das Thema der Schulden vieler Drittwelt -Länder werde auf der Tagesordnung des nächsten europäischen Gipfels in Madrid im Juni stehen.

Keine Einigung gab es in Brazzaville beim Thema der Giftmüll-Lieferungen aus Industrieländern in Staaten der Dritten Welt, um das es in den letzten Monaten gerade in Afrika mehrfach Skandale gegeben hatte. Während die AKP -Vertreter ein totales Verbot sämtlicher Giftmüll-Exporte aus Staaten der EG forderten, befürworteten die EG -Verantwortlichen lediglich verschärfte Ausfuhrkontrollen.