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Anzeige: An die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz der Gesundheitsminister und -senatoren der Länder

An die Teilnehmerinnen und Teilnehmer

der Konferenz der Gesundheitsminister

und- senatoren der Länder

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 24.2.89 werden Sie in Bonn über die Substitutionsbehandlung mit L-Polamidon bei i.v. Drogenabhängigen diskutieren. Wir arbeiten z.T. seit Jahren mit DrogengebraucherInnen. Viele von ihnen haben den Weg in die Drogenfreiheit nicht gefunden, an vielen von ihnen gingen die bisherigen Hilfsangebote vorbei. Seit 1987 darf in Einzelfällen an AIDS-kranke DrogengebraucherInnen L -Polamidon verabreicht werden. Die Erfahrungen, die diese Frauen und Männer gemeinsam mit ihren BetreuerInnen gewonnen haben, sind positiv und ermutigen uns, Sie aufzufordern, L -Polamidon als unterstützendes Angebot - nicht nur für AIDS -kranke DrogengebraucherInnen - freizugeben. Der Zwang, sich täglich auf dem illegalen Markt Drogen zu beschaffen, fällt in den meisten Fällen weg; freiwerdende Energien können für die Rehabilitation und Gesunderhaltung genutzt werden. dabei wissen wir, daß L-Polimidon allein kein Weg ist, um DrogengebraucherInnen aus ihrer unerträglichen Situation zu verhelfen. Ihre psychosoziale Betreuung muß sichergestellt, speziell auf diesen Personenkreis zugeschnittene Bildungs-, Arbeits-'Freizeit- und Wohnangebote müssen geschaffen werden, Das vorhandene Selbsthilfepotential ist zu unterstützen. Die Nachsorgeeinrichtungen der drogenfreien Angebote sind hier ein gutes Vorbild. Substitutionsbehandlung und Abstinenztherapie schließen sich nicht gegeseitig aus. Sie ergänzen sich im Sinne einer notwendig gewordenen Behandlungsvielfalt zum Zweck der Gesunderhaltung und sozialen Integration verelendeter DrogengebraucherInnen in dieser Stadt. Dies haben u.a. Erfahrungen in unseren Nachbarländern Schweiz und Niederlande gezeigt. Wir fordern Sie auf, dafür Sorge zu tragen, daß beide Richtungen an dem einen Ziel arbeiten können: i.v.-DrogengebraucherInnen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.

Diese Anzeige wurde von 50 namentlich genannten Fachleuten aus dem Gesundheits-, Drogen-, Justiz- und Sozialbereich unterzeichnet und im Berliner „Tagesspiegel“ veröffentlicht. v.i.S.d.P.: Gerhard Schneider, Schlüterstraße 55, 1000

Berlin 12

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