Kröning: „Ich bin nur auf Zeit gewählt“

■ SPD-Chefin Ilse Janz bescheinigt dem Justizsenator mangelnden „politischen Instinkt“

Die Genossen sind sauer. Sich als Partei, Senat und Bürgerschaftsfraktion fehlende „Aufrichtigkeit“ in selbstgerechten Art vorwerfen zu lassen - dazu haben sie diesen Senator nicht gewählt. Die Rede ist von Volker Kröning, „noch-Senator“ (wie er selber sagt) für Justiz und Verfassung. „Politisch instinktlos“ war, das ist beinahe einhellige Meinung, sein Vorstoß gegen das kommunale Wahlrecht für alle Ausländer. Es gehe um die, die in Bremen leben - vor allem Türken. „Der Mann redet an der sozialen Realität vorbei.“

Am Montag dieser Woche wurde Kröning vor den Fraktionsvorstand zitiert. Er mußte sich den „ganzen Unmut“ anhören, er wurde aufgefordert, das richtigzustellen. Nichts geschah. Am Dienstag Abend brüskierte ihn Bürgermeister Wedemeier wütend im Fernsehen: dieser Senator vertrete nicht die Senatsmeinung.

Am Mittwoch griff die Landesvorsitzende Ilse Janz zur Feder. Sie mahnte die Richtigstellung an, die „Irritationen“ und der „Unmut“ seien Kröning ja mitgeteilt worden. „Von höchst zweifelhafter Pikanterie“ sei es, daß Kröning ausgerechnet zu einem Zeitpunkt eine Forderung des SPD-Wahlprogramms von 1987 öffentlich für verfassungswidrig erkläre, wo gerade die Diskussion um das Wahlrecht für Ausländer auf Beirats-Ebene durchzusetzen versuche. „Vor allem die CDU wird Dich in den kommenden politischen Auseinandersetzungen wieder und wieder selbst ungeachtet Deiner Dementis als Kronzeuge .. mißbrauchen“, schreibt Ilse Janz an Kröning und beschwert sich, daß „Deine Absetzbewegung von dem als Parteiziel formulierten kommunalen Ausländerwahlrecht auch die bereits ohnedies schwierige Meinungsbildung in der Partei zusätzlich erschweren wird“.

Mittwoch Nachmittag sagte die SPD-Fraktion - bis auf Andreas Lojewski - dem Justizsenator die Meinung. Solidarisch, aber klar. Der, so erinnert sich ein Fraktions-Mitglied, habe den Eindruck erweckt, als wolle er dazu beitragen, das Thema „verschwinden zu lassen“ aus der öffentlichen Debatte.

Am Donnerstag früh kommt eine kurzfristige Einladung zur Pressekonferenz in die Redaktionen. Kröning präsentiert den Medien noch einmal seine Auffassung - ohne Abstriche. Am Freitag früh bei der Morgenlektüre setzt das Verständnis in seiner Partei für ihn völlig aus. „Eine Kampfansage“, findet ein SPD-Abgeordneter: „Er will die Kraftprobe.“

Am Donnerstag zumindest hat Kröning gewußt, was er tat. Auf die Nachfrage, warum er sich als „erst Abgeordneter, dann Senator, jetzt noch Senator“ bezeichnete, erläuterte er hintergründig lächend: „Senatoren werden immer nur für vier Jahre gewählt.“

Rosi Roland