: Patt in Wilmersdorf
■ Obwohl die Wilmersdorfer CDU die stärkste Fraktion in der BVV stellt, hat ihr Bürgermeister-Kandidat Horst Dohm wenig Chancen / Stadtratsposten per Los?
Einer der ersten bezirklichen rot-grünen Entscheidungen steht schon fest, bevor sich überhaupt die Bezirksparlamente konstituiert haben: Der eingemauerte Cadillac am Adenauerplatz bleibt den genervten Anwohnern erhalten.
Um das Kunstwerk von Wolf Vostell hatte es in der Vergangenheit erhebliche Konflikte zwischen Kunstfreunden und Anliegern gegeben. Da SPD und AL in der Wilmersdorfer Bezirksverordnetenversammlung nunmehr über eine Mehrheit verfügen und sich über den Erhalt des Vostellschen Autos einig sind, wird das umstrittene Kunstwerk dort bleiben, wo es ist.
Ob auch der Bezirksbürgermeister dort bleiben kann, wo er sich zur Zeit noch aufhält, ist dagegen noch völlig unklar.
Die CDU hat in Wilmersdorf zwar die absolute Mehrheit und 12% der Stimmen verloren, stellt aber trotzdem noch die zahlenmäßig größte Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung. Sie verfügt über 20 Sitze, die SPD über 15, die AL über 8 und die „Republikaner“ über 2 Sitze.
Der CDU stünde damit das Amt des Bürgermeisters zu. Die Partei hat ihn auch schon nominiert: Der alte soll der neue werden. Schließlich habe man mit dem seit acht Jahren amtierenden Bürgermeister Dohm auch den Wahlkampf betrieben, heißt es zur Begründung.
SPD und AL melden nun Widerspruch an. Zwar sei es richtig, daß der Bürgermeisterposten der CDU zustehe, aber gewählt werden müsse der immer noch von der BVV. Und die würde fast jeden wählen, nur nicht Dohm.
Der Hauptvorwurf gegen den noch amtierenden CDU -Bürgermeister ist sein „Wortbruch“ beim Beschluß der BVV zur Ablehnung des Flächennutzungsplans. Trotz eines einstimmigen Beschlusses des Bezirksparlaments hatte Dohm sich beim „Rat der Bürgermeister“ der Stimme enthalten.
Die AL erklärte, daß sie „jeden halbwegs geeigneten Personalvorschlag der CDU“ annehmen würde. Mit diesem „ineffektiven, wortbrüchigen und verbrauchten Bürgermeister“ ist sie aber nicht einverstanden. Nur dreimal in acht Jahren Amtszeit, so ein weiterer Vorwurf von seiten der neuen BVV -Mehrheit, habe der Bürgermeister das Wort ergriffen, um Bürger und Bezirksverordnete zu informieren.
Für ein Mitglied des noch-amtierenden Bezirksamts steht jedenfalls schon fest, daß er seinen Aktenordner zusammenpacken und ausziehen wird. Johannes Spatz (AL), derzeit noch Gesundheitsstadtrat, wird gehen müssen, weil seine Partei ein anderes Ressort als das angestammte mit einer Stadträtin besetzen will. Er hatte sich nicht, wie seine Charlottenburger Kollegin Annette Schwarzenau, vorher versichern lassen, daß die AL den Stadtratsposten für Gesundheit weiterhin besetzen will. Die AL Wilmersdorf will die neue Baustadträtin nun per Anzeige suchen.
Die Wilmersdorfer Verhältnisse lassen außer der Unsicherheit, ob der Bürgermeister bei der Wahl durchfallen wird, noch eine andere Frage offen. Beim siebten Stadtrat gibt es ein Patt zwischen SPD und CDU.
Während die SPD auf dem Posten mit dem Hinweis besteht, die Zusammensetzung des Bezirksamts müsse die Verhältnisse in der BVV widerspiegeln, will die CDU, wie vor vier Jahren in Steglitz, das Los über die parteipolitische Besetzung entscheiden lassen. In Steglitz hatte die CDU auch prompt den Posten gewonnen.
CDU kommt WUB entgegen
In einer ähnlichen Situation hatten sich SPD, WUB und AL, wie berichtet, in Zehlendorf darauf geeinigt, ein anderes Zählverfahren als das übliche d'Hondtsche anzuwenden. Nach dieser Methode bekäme die AL einen Stadtrat und die CDU müßte einen abgeben. Bezirksbürgermeister Kleemann (CDU), der sich gegenüber der taz vor allem erstaunt über das Zusammengehen der WUB mit SPD/AL zeigte, kündigte an, man werde versuchen, sich gütlich mit der Wählergemeinschaft einigen. Die soll hauptsächlich darüber verärgert gewesen sein, daß sie den von ihr angestrebten Baustadtratposten nicht bekommen sollte.
RiHe
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