: Grenze dicht für Jugoslawen?
■ Bei der geplanten Visumpflicht für jugoslawische Flüchtlinge soll Österreich Komplize werden / Bundeskabinett berät am Mittwoch über Visumpflicht / Jugoslawien legt offiziell Protest ein
Berlin (taz) - Österreich soll der Bundesrepublik Schützenhilfe leisten, wenn sie ihre Grenzen für jugoslawische Asylbewerber durch eine allgemeine Visumpflicht verschließt. Noch diese Woche will Bundesinnenminister Zimmermann mit seinem österreichischen Amtskollegen beraten, in welcher Weise die österreichischen Grenzbehörden jugoslawische Flüchtlinge mit dem Fahrtziel BRD an einer Weiterreise an die bundesdeutsche Grenze hindern könnten.
Hintergrund dieser Gespräche ist die geplante Visumpflicht für Jugoslawen, über die das Bundeskabinett am Mittwoch beraten will. Die Jugoslawen sind mit 20.000 Flüchtlingen im vergangenen Jahr die zweitgrößte Asylbewerbergruppe in der Bundesrepublik. Mehr als die Hälfte von ihnen sind Roma -Familien. Die übrigen sind Kosovo-Albaner, die sich obwohl sie die Bevölkerungsmehrheit sind - seit eineinhalb Jahren einem verstärkten Druck von seiten der nationalistischen serbischen Minderheit gegenübersehen. Ein Visum für jugoslawische Flüchtlinge wäre jedoch wirkungslos, wenn das Durchreiseland Österreich, das selbst kein Visum verlangt, die Flüchtlinge weiterhin ungehindert an die bundesdeutsche Grenze gelangen läßt, wo sie dann einen Asylantrag stellen können. Österreich hat inzwischen der Bundesregierung bei ihrer Grenzschließung Schützenhilfe signalisiert. Bei Jugoslawen werde man künftig „vorsorglich“ prüfen, ob sie in die BRD reisen wollen. Sollte dies der Fall sein, werde man sich bemühen, die Leute ohne Visum zur Rückreise zu bewegen.
Die geplante Visumpflicht hat währenddessen zu offiziellen Protesten von seiten Jugoslawiens geführt. Außenminister Loncar wird zu einem Gespräch mit Kanzleramtsminister Schäuble zusammenkommen. Loncar erklärte, man wolle keinen Druck auf die Bundesregierung ausüben, allerdings würden das gute bilaterale Verhältnis und die guten Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Staaten durch eine Visumpflicht schwierig. Betroffen von der geplanten Visumpflicht wären nicht nur Asylsuchende, sondern auch 600.000 schon seit Jahren in der Bundesrepublik arbeitende Jugoslawen. Jugoslawien überlegt offenbar bisher nicht, im Gegenzug nun seinerseits auch von den 3,5 Millionen deutschen Urlaubern ein Visum zu verlangen. Statt dessen schlug der jugoslawische Botschafter in Bonn vor, gemeinsam gegen „Schlepperorganisationen“ vorzugehen.
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