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Bauchlandung für Scherf

■ SPD-Fraktion lehnt Sammellager in Gröpelingen ab

Sozialsenator Henning Scherf ist mit seinen Plänen für die Errichtung eines Asylanten-Sammellagers in Gröpelingen nun auch auf den Widerstand der eigenen Fraktion gestoßen. In einer gestern von den Grünen initiierten aktuellen Stunde der Bremer Stadtbürgerschaft sagte die SPD-Abgeordnete Elke Steinhöfel, daß die SPD-Fraktion dies nicht akzeptieren werde. Sie drohte dem Senator: „Wir bitten Sie sehr nachdrücklich und sehr sozialdemokratisch bewegt, diese Planungen aufzugeben. Sonst werden wir uns an den Protesten gegen das Sammellager beteiligen“. Ob die SPD-Fraktion die Ablehnung auch in der Stadtbürgerschaft beantragen wird, ließ Steinhöfel gestern offen.

Der Grünen-Abgeordnete Paul Tiefenbach hatte die Diskussion mit einer heftigen Kritik an den Planungen des Senators begonnen. Sammellager seien menschlich unzumutbar und würden die bestehende ausländerfeindliche Haltung noch verstärken. Auch der Gröpelinger Beirat habe sich bereits gegen ein Lager in dem ohnehin mit sozialen Problemen belasteten Stadtteil ausgesprochen. Darüber hinaus sei die Ablehnung auch Beschlußlage in der SPD. Die jetzige Situation habe der Senat mit einer verfehlten Wohnungsbaupolitik selbst zu verantworten.

Scherf nannte die Planungen „eine Art Notfallverfahren“. Derzeit seien in Bremen 3000 Asylbewerberinnen in Wohnungen und 650 in Pensionen und Hotels untergebracht. Da sei die Grenze erreicht. Der Wohnungsmarkt gebe nichts mehr her: „Dringend notwendig ist ein auf lange Jahre angelegtes Wohnungsbauprogramm. Sofort werden 500 Wohnungen benötigt.“ Dies dauere aber, und die Zeit müsse überbrückt werden.

Dafür machten Grüne und SPD gestern konkrete Vorschläge. Tiefenbach sieht trotz des engen Wohnungsmarktes noch Möglichkeiten für die Anmietung oder den Kauf von geeigneten Räumlichkeiten und die intensive Nutzung von Räumen, die bereits im städtischen Besitz sind. Konkreter wurde Steinhöfel, die unter anderem das IG-Metall Jugendhotel, den Ellner Hof und die Hans-Wendt Stiftung nannte. Hier habe es zwar noch keine Vorgespräche gegeben, aber es seien Anhaltspunkte.

Nach Auffassung der CDU-Abgeordneten Roswitha Erlenwein entbehren diese Vorschläge „teilweise jeder Realisierungschance“. Aber auch das Barackenlager sei keine Möglichkeit. Genrell könnten Sammellager allerdings menschenfreundlicher als Pensionen und Hotels sein. Hier seien die Zustände zum Teil katastrophal. Darüber hinaus sei diese Lösung teuer.

Unerwartete Schützenhilfe erhielt Scherf von der FDP. Deren Abgeordnete Annegret Pautzke kritisierte zwar seinen zögerlichen Verhandlungsstil, akzeptierte aber den Sachzwang für die Gröpelinger Unterbringung, da alle anderen Quartiere „vollgelaufen“ seien. Präsident Klink unterbrach die Sitzung, als Mitglieder der Initiative „Freie Flüchtlingsstadt“ und des Gröpelinger Gesprächskreises ein Plakat entrollten, auf dem stand: „Flüchtlinge brauchen Menschen als Nachbarn“. Sie müsen jetzt mit einer juristischen Verfolgung rechnen. om

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