: Die Ökumene der Fanatiker
■ Demonstrationen und Diplomatisches in Sachen „Satanische Verse“ aus Berlin, Paris, Stockholm und Wellington / Erklärung der Nobelpreisverleiher / Pro-Khomeini-Demonstration in Paris
In West-Berlin findet nächste Woche eine große Soildaritätsveranstaltung für Salman Rushdie statt. Als Redner hat sich unter anderen Günter Grass angekündigt. Veranstalter sind fast alle literarischen Institutionen der Stadt, außer der Akademie der Künste.
Alle 18 Mitglieder der für die Vergabe des Literaturnobelpreises zuständigen schwedischen Akademie haben sich als Privatpersonen von der Morddrohung distanziert. Am kommenden Donnerstag soll der Fall Rushdie auf einer Sitzung der Akademie diskutiert werden. Die passive Haltung der schwedischen Akademie ist von einzelnen Mitgliedern scharf kritisiert worden. „Ich finde es sehr bedauerlich, daß wir nicht zusammen von der Morddrohung Abstand genommen haben“, erklärte die Autorin Kerstin Ekman.
Ausdrücklich Unterstützung erhielten Rushdie und seine Verleger am Dienstag von der Gesellschaft Britischer Autoren. Das Solidaritätsbekenntnis, das in der 'Times‘ erschien, war unter anderem von William Golding, Tom Stoppard, Anthony Powell und Lady Antonia Fraser unterzeichnet worden.
Unterdessen teilte der neuseeländische Minister für auswärtige Beziehungen und Handel, Mike Moore, mit, Neuseeland werde nicht seinen Botschafter in Teheran aus Protest gegen den Mordbefehl Khomeinis abberufen. Harte Kritik aus Großbritannien hatte der neuseeländische Ministerpräsident David Lange einstecken müssen, nachdem er erklärt hatte, Neuseeland könne nicht seine Exporte von Schafen und Butter nach Iran „nur wegen der gegen einen Schriftsteller ausgestoßenen Drohungen in London“ aufs Spiel setzen.
In Paris wurde eine Erklärung für Rushdie veröffentlicht, die 155 Intellektuelle unterzeichnet haben, unter andren Helene Cixous, Annie Cohen-Solal, Gilles Deleuze, Jacques Derrida, Alain Finkielkraut, Julia Kristeva, Milan Kundera, Jean-Francois Lyotard, Alberto Moravia, Paul Ricoeur, Francoise Sagan und Paul Veyne. Vom 7. bis zum 15. Mai findet in Teheran eine Buchmesse statt. Der französische Kulturminister Jack Lang forderte die französischen Verleger auf, die Veranstaltung zu boykottieren.
Bei einer Pro-Khomeini-Demonstration von etwa tausend Teilnehmern am vergangenen Sonntag in Paris stand auf einem der mitgeführten Transparente: „Gegen den Geist von Scorsese -Rushdie“. Der Mann, der das Schild trug, erklärte: „Ich bin gekommen, die Muslime zu unterstützen. Sie haben uns, als Scorseses Film in die Kinos kam, auch unterstützt.“
afp, dpa, 'Libe‘
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen