„Herr Scherf hat falsch ausgesagt“

■ St.-Jürgen-Ausschuß geht guten Mutes in die Verwaltungsgerichts-Auseinandersetzung mit Bürgermeister Henning Scherf / Streitwert zahlen die Steuerzahler so oder so

Daß ein Bürgermeister ein Organ des Parlamentes vor einem Verwaltungsgericht verklagt, ist schon ein seltener Vorgang. Wenn er selbst die Klage in der Sache als „Randproblem“ bezeichnet, liegt der Verdacht nahe, daß es sich um verletzte Eitelkeiten handelt. Auch der beklagte Parlamentarische Untersuchungsausschuß, der gestern seine Klageerwiderung vorstellte, sprach von einem „Sturm im Wasserglas“.

Und in der Tat geht es bei dem Verfahren Scherf gegen den Parlamentarischen Untersuchungsausschuß St.-Jürgen-Straße vor allem um die Frage, wer wen wann aus welchen Gründen mißverstanden hat, und warum dieses Mißverständnis nicht aufgeklärt worden ist.

Zur Sache: In seiner Sitzung vom 20.10.88 glaubte der Aus

schuß einen Widerspruch zwischen dem Ex-Sprecher der Gesundheitsdeputation Fritz Tepperwien und einer früheren Aussage von Henning Scherf festgestellt zu haben. Scherf wurde umgehend vom Ausschuß geladen, um in einer Gegenüberstellung mit Tepperwien zu den Aussagedifferenzen Stellung zu nehmen. Dafür aber wollte Scherf an diesem Nachmittag partout keine Zeit haben. Er zog es vor, auf Einladung des Bürgermeisters mit Betriebs- und Personalräten einen kleinen Imbiß einzunehmen. Dieses Verhalten wurde vom Untersuchungsausschuß förmlich „mißbilligt“.

Wenn sich der Bürgermeister dadurch in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt fühlt, so ist er, folgt man der Klageerwiderungsschrift des Ausschußes, selbst schuld. Auf 13 Seiten ver

suchen die Krankenhausunter sucher nachzuweisen, daß Scherf selbst durch seine Aussage die Voraussetzungen für Mißverständnisse gelegt hat. So war Ausschußvorsitzender Andreas Lojewski gestern sicher, eine „objektiv falsche Aussage von Herrn Scherf“ nachgewiesen zu haben. Lojewski: „Wenn der Ausschuß sagt, wir machen eine Gegenüberstellung, um mögliche Irrtümer auszuräumen und Herr Scherf kommt nicht, dann meinen wir, daß der Begriff Mißachtung auf so ein Verhalten paßt.“ Ob das Verwaltungsgericht auch so denkt, soll sich nach Wunsch des Ausschusses „alsbald“ entscheiden. Dann ist auch klar, ob die ca. 800 Mark Prozeßkosten aus dem Haushalt der Bürgerschaft oder aus dem Etat des Senats genommen wird. Der hat Scherf Rechtsschutz gewährt.

hbk