: Methadon-Reisen bilden
■ Frischer Wind in der Bremer Drogenpolitik: Nach ihrer Reise in die Methadon-Metropole Zürich mehr „Basishilfen“ und mehr Methadon
Das etwas merkwürdige Wort „niedrigschwellig“ in der Drogenarbeit meint etwas ganz Wichtiges, etwa: Daß Drogensüchtige clean sein sollen, kann nicht die absurde Voraussetzung oder die Eintrittskarte für therapeutische Mühen oder für Hilfen sein, sondern bestenfalls ihr Ziel. Drogensucht zunächst einmal als Tatsache zu akzeptieren und von da aus den Junkies aus ihrem Schlamasel zu helfen, sie also bedingungslos erst einmal anzunehmen, heißt, wirklich Wege freizuschaufeln.
Mit ähnlichen Erkenntnissen sind offenbar die 12 Mitglieder der Gesundheits-Deputation samt Senatorin und drei Referenten von ihrer mehrtägigen Informations-Reise im Februar in die Schweizer Stadt der Methadon-Programme, Zürich, zurückgekehrt.
Neue, „niedrigschwellige“
Angebote in der Bremer Drogenpolitik und eine Ausweitung der zulässigen Behandlungen mit dem Heroin-Ersatzstoff Methadon
-immer noch ein rotes Tuch für den Landes -Drogenbeauftragten und den Sozialsenator Scherf - haben am Freitag die Deputierten für Gesundheit - einstimmig beschlossen. Die gesundheitlichen „Basishilfen“ sollen künftig zu einem Schwerpunkt in der Drogenhilfe werden. Denn, so die Diskussionsvorlage: „Es ist eine Erfahrung, daß sich langjährige Drogenabhängige weiterführenden therapeutischen Hilfsangeboten entziehen.“ Die „zunehmende körperliche Verwahrlosung“ und „die hohe Zahl der Drogentoten 1988“ (36 Tote) sind inzwischen Grund genug, nicht mehr nur auf wenig effiziente Langzeit-Therapien und schockartigen totalen „kalten“
Entzug zu setzen.
Als Sofortmaßnahme wollen die Deputierten den „Verein Kommunale Drogenpolitik“ (KomDroPo), der sich seit Jahren außerhalb der SPD-Linien für Methadon und für freie Spritzenvergabe auch im Knast einsetzt und die Junkies mit kostenlosen Frühstücken und ambulanter Wundversorgung betreut, „zur Unterstützung niedrigschwelliger gesundheitlicher Hilfen“ mit 50.000 Mark in 1989 fördern. Alle Drogenhilfe-Träger sollen sich im Gegenzug bei finanzieller Förderung „zur Kooperation“ verpflichten; Vereinbarungen werden derzeit ausgearbeitet. Außerdem geplant: Methadon, bisher hauptsächlich für Aids-Kranke stationär und ambulant verabreicht, sollen auch schwangere Drogenabhängige bekommen; bei „schweren und finalen
Krankheitszuständen“, also nicht nur bei Aids, und bei stationären Aufenthalten in Allgemeinkrankenhäusern, wo bis heute erforderliche Therapien durch Entzugserscheinungen erschwert oder bedroht sind, soll Methadon künftig indiziert sein. Zur Sicherstellung der erforderlichen psychosozialen Betreuung für Methadon-EmpfängerInnen soll eng mit zwei schwierigen Partnerinnen zusammengearbeitet werden: der Scherf'schen Behörde und der Ärztekammer.
Für drogenabhängige Prostituierte sollen über die Vereine „Bremer Hilfe“ und KomDroPo rund 60.000 Mark, etwa für das geplante Nachtcafe, lockergemacht, über ein „Krankenzimmer für Obdachlose“ als niedrigschwelliges vorstationäres Angebot wie in Zürich soll nachgedacht werden. S.P
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