piwik no script img

DDR-Betriebe müssen Ausreisewillige bespitzeln

Berlin (dpa) - Die Betriebe in der DDR sollen ausreisewillige Beschäftigte überwachen und deren Wunsch nach Übersiedlung in die Bundesrepublik „eigenverantwortlich zurückdrängen“. Dies geht aus einer vertraulichen Anweisung an die Betriebe hervor, die am Samstag in Berlin bekannt wurde und in der eine entsprechende Verfügung des DDR -Ministerrates erläutert wird.

Als „Betreuer“ für die Antragsteller in den Betrieben nennt das Geheimpapier: „Klassenbewußter, politisch erfahrener Bürger“. Beispielsweise sollen die Betriebe die Staatsorgane informieren, zu welchen Personen der Ausreisewillige Kontakt hat, wie diese einzuschätzen sind, welche Beziehungen zu Bürgern aus der Bundesrepublik bestehen und ob „Rückverbindungen“ zu bereits übergesiedelten oder anderen Ausreisewilligen vermutet werden oder bekannt sind. Auch soll berichtet werden, „in welcher Form“ die „Auseinandersetzung“ mit dem Antragsteller „offensiv geführt“ wird. „Welche zielgerichteten Maßnahmen wurden eingeleitet“, daß der Ausreisewillige seinen Antrag „offiziell zurückzieht“? „Werden für den Erziehungsprozeß auch Verwandte miteinbezogen?“ wollen die Staatsorgane wissen. Auch „Hinweise über angedrohte Aktivitäten“ „Aufsuchen der Ständigen BRD-Vertretung in Berlin, Einschalten von BRD-Organen“ - sollen mitgeteilt werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen