Buhlende Bullen und bullige Beller

Perfekt abgerichtete Beamte aller Art zeigten ihre Künste im Hauen, Stechen, Brummen und Kläffen: die Polizei-Sport & Musik-Show in der Berliner Deutschlandhalle  ■  PRESS-SCHLAG

Fernab von tagtäglicher Beamtenroutine gab die Berliner Polizei trotz aller Einsatzüberstunden am Samstag abend vor halbleerem Haus eine Kostprobe ihres wahren artistischen Könnens. Gleich zu Beginn zeigten konservative Toupetträger in Begleitung faltiger Parfümschwaden, wo's lang ging: Für den neuen Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Wohlrabe, gab's treuen Applaus. SPD-Chef Walter Momper durfte sich nach entrüsteten Pfiffen und Buh-Rufen wieder setzen.

Dank geschickter Moderation kamen jedoch gleich junge Polizei-Azubis in Karate-Anzügen zum Einsatz. Zu Kim-Wilde -Gedröhne hopste die Weißgurt-Truppe leger ihr Pensum vor. Die Fortgeschrittenen (zu erkennen an roten Satinhosen) bewiesen sich in der Abwehr von Stock und Messer und im gekonnten Abprallen beim Überspringen mehrerer Personen. Zwei Holzbretter wurden danach standesgemäß zertreten.

Die Motorrad-Sportgruppe brummte auf ihren Maschinen heran. Mit mehreren Männern in grünen Leder overalls geschultert, chauffierte ein Kommissar Franke seine Mannen in verschiedenen Variationen über den Platz: Als zweites Schutzblech, als verlängerte Fußständer, in verschiedenen Pyramidenformen mit wehenden Berliner-Bären -Fahnen, jonglierend, oder in speziellen Gestellen eingehängt, so daß sich die Tollkühnen wie Propeller drehten. Einzelne absolvierten ihre Runden rückwärts oder balancierten, einbeinig auf der Maschine stehend, einen Beiwagen in der Luft.

Die wahre Brisanz sollte nicht fehlen: Die Jungs reihten sich im Kopfstand mit gespreizten Beinen vor eine Rampe und eine Kawasaki-Cross-Maschine knatterte über die ungeschützten Geschlechtsteile hinweg. Und wer hätte das gedacht, der Weltrekord, von dem der Kommentator sprach, wurde glatt unterboten.

Damit war die Unterhaltung aber keineswegs vorbei. „Musik in harmonischer Bewegung“ präsentierte die englische „Light Infantillerie“, die mit feschen Marsch-Rhythmen durch die Halle stolzierte, sich hin und her wendete, ohne zu verknoten und dabei optisches Halbballett bot. Endlich wurde dann auch das sensible Auge belohnt. Der „Rot-Gold-Casino„ -Verein (oder so ähnlich) mit hübsch dekorierten Mädels und Jünglingen tänzelte geschickt ein Potpourri lateinamerikanischer Rhythmen, und schon klatschte es etwas aufgeweckter.

Als dann noch Ex-Polizeioberhaupt Klaus Hübner in der Masse ausgemacht wurde, jauchzte die Menge auf, und die zwei Polizeishow-Fachfrauen hinter mir fielen vor Begeisterung fast in Ohnmacht. Noch mehr bejubelt wurden die „Freiwilligen Reservisten der Polizei“, die die Hilfsdienste dieses Abends leisten durften.

„Ein guter Freund, das ist das beste, was es gibt auf der Welt“, krächzte es durch die Halle: Uniformierte Wachtmeister zogen mit ihren dressierten Schäferhunden ins Rampenlicht. Jeweils ein Ordnungshüter joggte mit Hund los, der über eine Hürde springen, dann durch einen Stofftunnel hetzen mußte, um sich am Ende wieder neben Herrchen einzufinden. Den meisten Applaus bekam aber der mit dem autonomsten Beller.

Die Polizei-Bigband hatte sich zwischenzeitlich eingefunden und irritierte Stefan Lenz, einen „Wetten, daß„-Brecher, beim Besteigen mehrerer Bierkästen. Der Rekord fürs Guinness -Buch, nämlich 31 Kästen zu erklimmen, gelang ihm aber trotzdem. Mit einem prima auswendig gelernten Werbe-Slogan der Firma Schultheiss entließ der abgehalfterte Polizeimoderator zur Pause. In den Vorräumen tümmelte sich die Berliner CDU-Schickeria nicht nur vor den Snack-Ständen. Eine Tür ging auf, und raus kamen die alten Kameraden: Kewenig, Lummer, Schertz und wie sie alle heißen, auf dem Weg zum VIP-Raum. Was mögen sie dort wohl zu sich genommen haben? Bulletten vielleicht? Oder am Ende gar Freakadellen.

Connie Kolb