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„Ich wollte sie töten“

■ Prozeß gegen 21jährigen Berufslosen, der versucht hatte, ein 13jähriges Mädchen umzubringen

Mit der Einweisung in die Psychiatrie wird vermutlich der Prozeß gegen einen 21jährigen Angeklagten enden, der seit gestern wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht steht. Die Staatsanwaltschaft wirft dem berufslosen Karl -Heinz M. aus Lichtenrade vor, am 7. September vergangenen Jahres versucht zu haben, ein 13jähriges Mädchen wegen unerwiderter Liebe mit einem Messer zu töten. „Ich wollte sie töten, weil sie so schön ist, leider hab ich's nicht geschafft“, sagte Karl-Heinz M. gestern und schob gleich hinterher, daß alle Mädchen getötet werden müßten, weil sie so schön seien.

Dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen der Karl -Bonhoeffer-Nervenklinik, Doktor Beck, zufolge leidet Karl -Heinz M. an Schizophrenie. Seine Ankündigung, „es wieder zu tun“, müsse durchaus ernst genommen werden, erklärte Beck: „Er ist kein Amokläufer, der alles niedermacht, sondern ein Paranoiker, der eine bestimmte Gruppe angreift: alle schönen jungen Frauen“.

Der hochaufgeschossene, sehr jungenhaft wirkende Karl-Heinz M. hatte zunächst überhaupt nicht daran gedacht, eine Aussage zu machen, als er gestern morgen aus dem Zellentrakt vorgeführt wurde. Von seinem „nee“ und „ick weeß nicht“, das er lächelnd hinter halb ins Gesicht hängenden schulterlangen Haaren auf alle Fragen des Gerichtsvorsitzenden Häger hervorbrachte, kam er erst ab, nachdem der Prozeß für eine Stunde unterbrochen worden war. Nachdem er von Verteidigerin Dietl offensichtlich noch einmal ins Gebet genommen worden war, antwortete er dann aber bereitwillig auf die in einem bemüht väterlich-einfühlsamen Tonfall gestellten Fragen des Vorsitzenden Häger.

Ja, er habe die 13jährige Mike oft gesehen, sagte Karl -Heinz M., aber angesprochen habe er das Mädchen „nie“. Er habe ihr monatelang fast jeden Tag „nachspioniert“. Mike sei meistens mit ihrem Freund zusammengewesen. Von dem Haus seiner Eltern aus, so der Angeklagte, habe er in die Fenster der Wohnung von Mikes Freund gucken können und beobachtet, wie sich die beiden „küßten, umarmten und all so was“.

Gemocht habe er Mike „überhaupt nicht“, entrüstete sich Karl-Heinz M. auf eine entsprechende Frage zunächst, um gleich danach zu verstehen zu geben, daß ihm das Mädchen eigentlich schon gefallen habe. Karl-Heinz M. gab zu, Mike eines Tages an ihrem Schulweg aufgelauert und ihr mit einem Messer in der Bauch gestochen zu haben. Das Mädchen trug glücklicherweise keine lebensgefährliche Verletzung davon. Der Angeklagte bedauerte, daß Mike nicht starb: „Dann hätte ich Ruhe vor ihr.“ Auf die Vernehmung der inzwischen 14jährigen wurde verzichtet.

Der Angeklagte, der die Sonderschule besuchte und keinen Hauptschulabschluß hat, beschrieb sich als Einzelgänger, der Tage und Nächte daheim damit zubrachte, Popmusik zu hören und Videos zu gucken: „Am liebsten Horrorfilme“ - in denen Frauen Gewalt angetan werde. Das macht Spaß, töten und so“, bestätigte er. Nach Angaben des psychiatrischen Sachverständigen hatte der Angeklagte außer einem gescheiterten Versuch mit einer Klassenkameradin in seinem Leben keinerlei sexuelle Kontakte. Für den Fall, daß er „rauskommen“ sollte, versprach Karl-Heinz M. gestern, er wolle ein neues Leben anfangen und nie mehr an Mike und andere Frauen denken: „Das ist nicht gut für mich.“ Der Prozeß wird Dienstag fortgesetzt.

plu

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