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Quote und Qualität

■ Berliner FrauenfrAKTION lud gestern zum großen Ratschlag ins Rathaus Schöneberg / Zwischen detaillierten Einzelforderungen und großen Visionen

Einmischen wollen sich die Frauen schon, nur das Wie und Womit ist so offen wie eh und je. Zum großen „Weiberrat“ hatte die Berliner FrauenfrAKTION am Dienstag abend in das Rathaus Schöneberg geladen, um über die Pespektiven der Frauenpolitik unter einem rot-grünen Senat zu debattieren. Rund 300 Frauen waren der Einladung zur „Fraueneinmischung“ gefolgt, gespannt und erwartungsvoll. Eine Fülle von Anregungen und Wünschen gab es - vom Künsterlinnenhaus bis zum multikulturellen Mütterzentrum - doch wer sich den großen Wurf erwartet hatte, die wurde enttäuscht. Die Frauenbewegung in der Stadt hat eine schier unübersehbare Anzahl von Einzelforderungen auf der einen Seite und auf der anderen die großen Visionen vom Ende des Sexismus und Rassismus (Pieke Biermann).

Wenn sich etwas herauskristallisierte aus den vielen Redebeiträgen, die sich nur selten zu einer gemeinsamen Diskussion bündelten, so die (nicht unbedingt neue) Erkenntnis, daß Quoten allein noch keine neue politische Kultur bedeuten. Nur wenn Frauen ihre besonderen Erfahrungen und ihre Sicht der Dinge ins Geschäft der alltäglichen Politik einbringen, kann aus der Quote eine „neue Qualität“ werden.

Wie kann die „Fraueneinmischung“ künftig institutionalisiert werden? An der Diskussion dieser Frage hatten die Veranstalterinnen besonderes Interesse. Schon vor einigen Jahren hatten Frauen aus der heutigen FrauenfrAKTION die Idee eines Gleichstellungsrates aufgebracht. Der unabhängige Beirat aus Frauen von Parteien, Verbänden und autonomen Projekten hätte sowohl die Funktion, die offizielle Politik mit Unterstützung und Kritik zu begleiten, als auch die Aufgabe, die Verbindung zu den Frauen in der Stadt zu halten. Doch zu einem klaren Votum für oder gegen den „Gleichstellungsrat“ kam es an diesem Abend (noch) nicht. So stellte sich offenbar nur für Hannelore May von der FrauenfrAKTION die Frage, wie autonome Frauen und Parteifrauen zur Anerkennung ihrer unterschiedlichen Politikformen kommen. „Wie schaffen wir es, uns nicht gegenseitig zu Hilfstruppen zu degradieren?“ Und bei aller Unterstützung, die das rot-grüne Projekt verdiene, sei jetzt ebenso die „Zeit zum Streit“ angesagt. „Wir müssen gute Kritikerinnen sein“, forderte Hannelore May.

Aber dazu waren die Frauen an diesem Abend nicht in Form. Als Helga Hentschel für die AL kurz die vorläufigen Verhandlungsergebnisse der Fachkommission Frauen skizzierte („Wir sind sehr zufrieden“), gab es Applaus - und keine Nachfrage. Ein „Gesetz zur Aufhebung von Diskriminierung und zur Verwirklichung der Gleichberechtigung“ wird es geben, sein Kernstück ist die 50-Prozent-Quote im öffentlichen Dienst. In der Privatwirtschaft sollen künftig die Firmen bevorzugt Aufträge erhalten, die Frauenförderung betreiben. Weitere Punkte: das Förderprogramm zur Frauenforschung wird von einer Million auf acht Millionen aufgestockt, die Frauenhäuser werden finanziell abgesichert, ein Mädchenhaus wird eingerichtet. Vage blieb es allerdings im Bereich „Nachttaxi“. Helga Hentschel sprach hier sibyllinisch von „sicheren Beförderungssystemen für Frauen nachts“, was immer das heißen mag.

Wenn die letztlich gültige Fassung der Verhandlungsergebnisse vorliegt, kann sich die Berliner Frauenszene erneut ans Diskutieren machen. Ob aber der große Rahmen des „Weiberrats“ der geeignete Ort ist? Wer weiß.

Helga Lukoschat

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