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Afghanistan: Großoffensive der Mudschaheddin

■ Kampf um Dschalalabad / Kabuler Flughafen gesperrt / Kabinett der Mudschaheddin will am Freitag erstmals in Afghanistan zusammentreten

Peschawar (afp) - Die afghanischen Mudschaheddin haben in der Nacht zum Mittwoch eine Großoffensive gegen die seit Wochen belagerte Garnisonsstadt Dschalalabad begonnen.

Mudschaheddin-Führer Sibghatullah Mudschaddedi gab gestern in der pakistanischen Grenzstadt Peschawar bekannt, nach heftigen Kämpfen sei es gelungen, den Flughafen einzunehmen. Die letzte bedeutende Stellung der Regierungstruppen außerhalb von Dschalalabad soll bereits in den ersten Stunden der Offensive erobert worden sein.

Nach Angaben aus Peschawar griffen Einheiten der Mudschaheddin-Gruppen Hezb-i-Islami und Islamische Nationale Front an mehreren Stellen gleichzeitig an, nahmen die Stadt und den Flughafen unter Raketenbeschuß und rückten gleichzeitig mit Bodentruppen vor. Die Kämpfe um die drittgrößte Stadt Afghanistans werden offenbar Mann gegen Mann und mit zahlreichen Opfern auf beiden Seiten geführt.

Am heftigsten wurde um den Flughafen gekämpft, berichteten Augenzeugen. „Ich habe noch nie so viele Mudschaheddin auf einmal gesehen. Tausende strömten unablässig als Verstärkung nach, ständig rasten Krankenwagen über die Verbindungsstraße von Dschalalabad nach Torcham an der Grenze“, beschrieb ein Zeuge der Kämpfe. Vor Dschalalabad sind nach Angaben aus Mudschaheddin-Kreisen in den vergangenen Wochen an die 10.000 Kämpfer für den Sturm auf die Stadt zusammengezogen worden. Zur Verteidigung sollen zwischen 10.000 und 12.000 Regierungssoldaten und Milizionäre bereitstehen.

Offenbar als Reaktion auf die Offensive gegen Dschalalabad wurde der Flughafen von Kabul gestern geschlossen. Erst am Dienstag war in Islamabad erstmals von einer möglichen Generaloffensive der Mudschaheddin gegen die meisten Städte und Hochburgen der Kabuler Regierung die Rede.

Die ursprünglich für heute angesetzte erste Kabinettssitzung der von den Aufständischen in Pakistan gebildeten Regierung auf afghanischem Territorium ist auf morgen verschoben. Das meldete unterdessen die den Mudschaheddin nahestehende Nachrichtenagentur 'Ana‘. Die Gegenregierung ist am 23.Februar auf einer Ratsversammlung in Rawalpindi gewählt worden, um nach dem Sturz der Kabuler Regierung die Macht zu übernehmen. Ministerpräsident wurde der Fundamentalist Abdul Rab Rasul Saijaf, während der gemäßigtere Sibghatullah Mudschaddedi zum Staatspräsidenten ernannt worden war. Mudschaddedi wollte noch gestern abend eine „Rede an die afghanische Nation“ halten.

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