: Abgrenzung gegen Ost und West
■ Bald amerikanische Verhältnisse im TV Allerdings Tabakwerbung verboten, Alkoholwerbung eingeschränkt
Wie bereits in unserer gestrigen Ausgabe berichtet, haben sich die zwölf Mitgliedstaaten der EG auf gemeinsame Fernseh - und Rundfunkrichtlinien geeinigt. In einer Nachtsitzung wurden weitere Vereinbarungen getroffen. Vorbehaltlich der endgültigen Beschlußfassung durch den Ministerrat im April sollen diese Regelungen bereits im nächsten Jahr wirksam werden.
Die Richtlinie sieht vor, daß die nationalen Fernsehanstalten „mit geeigneten Mitteln dafür sorgen, wenn immer es möglich ist, daß der Hauptanteil der Sendezeit Werken aus europäischer Produktion vorbehalten wird“. Davon unberührt sind Nachrichten, Spielshows und Sportsendungen. Frankreich, das zuvor für eine verbindlichere prozentuale Regelung plädiert hatte, konnte durchsetzen, daß der 1988 einmal europäischen Sendungen reservierte Anteil künftig nicht mehr unterschritten werden darf. Offen bleibt noch, ob in die Kategorie „europäische Produktionen“ (im Grunde aus den 32 Mitgliedsländern des Europarats) auch Filme aus osteuropäischen Ländern einschließlich der DDR fallen, wie dies von Bonn gewünscht wird. Die Sendeanstalten sind dem Text zufolge von 1990 an angehalten, alle zwei Jahre einen Bericht über die proportionale Zusammensetzung ihres Fernsehprogramms - ob Dallas oder Schwarzwaldklinik - an die Kommission abzuliefern, die eine Art „Überwachungsrolle“ wahrnimmt. Besonders Dänemark, aber auch die Bundesländer, sehen darin einen unerlaubten juristischen Eingriff. Dieses Problem muß noch bis zum 13.April geregelt werden. Die EG -Behörde wird dann nach drei Jahren Bilanz ziehen und eine mögliche Überarbeitung des Textes vorschlagen.
Die Werbung darf nach dem Willen der EG künftig zwar 15 Prozent der täglichen Gesamtsendezeit und 12 Minuten pro Stunde nicht überschreiten. Ein Novum für die deutschen Zuschauer aber ist, daß Spiel- und Kinofilme im Fernsehen von Werbeblöcken unterbrochen werden dürfen, wenn sie länger als 45 Minuten dauern. Nicht unterbrochen werden dürfen Gottesdienste; religiöse oder Kindersendungen, Nachrichten oder Magazine über aktuelles Zeitgeschehen nur, wenn sie länger als 30 Minuten dauern. Besondere Einschränkungen gelten, wenn für Tabak oder Alkohol geworben wird. Werbung für Alkoholika darf keine Minderjährigen beim Alkoholgenuß darstellen, es darf auch keine Verbindung mit der Verbesserung der physischen Leistungsfähigkeit oder dem Autofahren hergestellt werden. Weiter darf nicht der Eindruck erweckt werden, Alkoholgenuß fördere die sozialen oder sexuellen Erfolge oder sei gar gesundheitsfördernd, stimulierend, beruhigend oder konfliktlösend. Schleichwerbung ist kurzum verboten. Ein Passus über den Jugendschutz weist die nationalen Anstalten an, zu gewährleisten, daß inländische Produktionen nicht die „körperliche, geistige und sittliche Entwicklung ernsthaft gefährden. Besonderes Augenmerk sei dabei auf pornographische und gewaltverherrlichende Aspekte zu richten. Es dürfen keine Programme ausgestrahlt werden, die Haß aufgrund von Rasse, Geschlecht, Religion oder Nationalität aufreizen. Zum Urheberrecht soll eine Arbeitsgruppe noch Lösungsvorschläge ausarbeiten. Ziel der Richtlinie ist es, im Rahmen des grenzenlosen Binnenmarktes Ende 1992 den freien Austausch von Programmen über Kabel oder Satellit sicherzustellen. Kulturell gesehen soll jedoch auch die europäische Filmproduktion und deren europaweite Ausstrahlung gefördert werden.
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