: „Noch nie so viele Mülltransporte“
■ Die Gift- und Hausmülldeponie Schönberg in der DDR hat Hochkonjunktur / Brief aus der DDR übergeben
Berlin (taz) - Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Engholm hat interessante Post erhalten. In einem Brief aus der DDR (siehe Dokumentation) beschweren sich Mitglieder der Wismarer Bürgerinitiative, daß die Sondermülldeponie Schönberg an der deutsch-deutschen Grenze zur Müllkippe Europas wird. Der Brief sollte Engholm schon bei dessen DDR -Besuch im Februar übergeben werden, dies wurde allerdings durch die Festnahme von sieben Personen verhindert. Die Lübecker Grünen haben den Brief jetzt erhalten und an den Ministerpräsidenten weitergeleitet. Doch Engholm sieht sich nicht nur mit den Protesten aus der DDR konfrontiert, sondern auch mit dem Vorwurf, daß der Müll-Tourismus in die DDR seit Antritt seiner SPD-Landesregierung noch kräftig zugenommen hat. Günter Wosnitza, Mitglied der Lübecker Bürgerschaft: „Es hat sich absolut nichts bewegt, noch nie hat es so viele Transporte gegeben.“ Die Grünen verlangen von Engholm ein Veto gegen den zunehmenden Müllexport auf die größte Giftkippe Europas. Sie erinnern an die direkte Verantwortlichkeit Schleswig-Holsteins für die Genehmigungen der Transporte. Zusätzliche Brisanz hat das Thema durch die Partnerschaft der Städte Lübeck und Wismar erhalten. Lübeck klagt seit Jahren gegen die bundesdeutsche Entsorgung auf die DDR-Deponie. In Wismar wiederum wird, nach Informationen aus der DDR, die Hafenanlage ausgebaut, damit dort noch größere Mengen an Müll für Schönberg angelandet werden können.
Wosnitza: „Eine völlig absurde Situation. Wir klagen, und unsere Partnerstadt errichtet eine Infrastruktur für noch mehr Müll.“ Die Grünen gehen inzwischen soweit, daß sie notfalls die Partnerschaft aufkündigen wollen. In einem Antrag an die Stadt Lübeck fordern sie den Senat auf, den Hafenausbau in Wismar verifizieren zu lassen.
Die Klagen der Stadt Lübeck haben die Grünen als „Scheinklagen“ abqualifiziert. Die Stadt werde noch 20 Jahre lang ergebnislos prozessieren. Sie fordern statt dessen politische Interventionen durch die Landesregierung. Die hält sich bisher bedeckt. Immerhin: Der Brief aus Wismar soll „in den nächsten Tagen“ beantwortet werden.
Manfred Kriener
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