FDP geht auf Distanz zur Union

■ Möllemann (FDP) erkennt „Gemeinsamkeiten“ mit der SPD / 1990 will FDP Koalitionsentscheidung für Bundestagswahl treffen / FDP-Vorsitzende Adam-Schwaetzer fordert Debatte über Zukunft der Ausländer

Bonn (dpa/taz) - Die FDP bekommt Angst vor der Bundestagswahl und geht auf Distanz zur Union. Aus der Union meldet sich die zweite Riege zu Wort und gibt gute Ratschläge. Das war der Tenor in den vielen Politikerstatements, die am Wochenende über die Agenturen verbreitet worden sind.

FDP-Politiker Möllemann versuchte, die SPD zu umarmen. Bereits heute gebe es „einen hinreichenden Bestand an Gemeinsamkeiten“ mit den Sozialdemokraten, sagte er gestern im 'Hessischen Rundfunk‘. Die FDP blicke mit Interesse auf die programmatische Erneuerung der SPD. Er rechne damit, daß die Klärungsprozesse bis Mitte kommenden Jahres weiter fortgeschritten seien. Zu diesem Zeitpunkt werde auch die FDP ihre Koalitionsentscheidung für den Bund treffen. Ein anderer FDP-Politiker, Achim Rohde, hat sich mit Blick auf die Landtagswahl von Nordrhein-Westfalen im Jahre 1990 bereits deutlicher von der CDU abgesetzt.

In jedem Fall müsse die FDP durch aktives Handeln verhindern, daß die Krise der CDU auf die FDP „überschwappen“ könnte, betonte Möllemann. Liberale Positionen müsse die FDP stärker betonen. Nach Ansicht der FDP-Vorsitzenden Adam-Schwaetzer muß ihre Partei auch den Begriff der ökologischen Marktwirtschaft stärker mit Inhalt füllen. Notwendig sei auch eine Debatte über Offenheit, Toleranz und die Zukunft der Ausländer. Die FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher sagte, die FDP sei weder Mehrheitsbeschafferin der CDU noch der SPD. Sie müsse ihre Aussagen treffen und dann die Wähler entscheiden lassen. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Lüder sagte in einem taz -Interview, er halte es für richtig, wenn die Partei deutlich mache, daß sie „offen sein muß für neue Partner“.

Von der Union reagierte gestern noch niemand auf diese FDP -Äußerungen. Diejenigen, die sich aus der Union zu Wort meldeten, äußerten sich zu Sinn und Unsinn von Kabinettsumbildungen: CDU-Politiker Todenhöfer sagte, in schlechten Zeiten müßten die wirklich Besten ins Kabinett: Er nannte Lothar Späth, Walter Wallmann, Ernst Albrecht und Alfred Dregger. Aus dem Norden meldete sich Otto Bernhardt, der in Schleswig-Holstein CDU-Vorsitzender werden möchte: Er schlug vor, die Ämter des Kanzlers und des Parteichefs zu trennen und Späth zum Parteivorsitzenden zu küren. Späth wiederum meldete sich aus dem Süden und machte sich gegen eine Personaldiskussion stark: Er forderte von seinen Parteifreunden, „die schwierigen Zeiten gemeinsam zu ertragen“.

Der CDU-Vorsitzende von Rheinland-Pfalz, Wilhelm, gab dem Kanzler den Rat, Verteidigungsminister Scholz schnell zu verabschieden. Bis Redaktionsschluß meldete sich keiner aus der Union, um Scholz in Schutz zu nehmen. Für mehr Frauen im Kabinett plädierte die CDU-Bundestagsabgeordnete Doris Pack. Christoph Böhr, Vorsitzender der JU, sieht die Lösung der CDU-Probleme dagegen in einem „Generationswechsel“.

Urs