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Boulevard-Politik

Senat unter dem Druck der Springer-Presse  ■ K O M M E N T A R

Die Räumungen hat der Senat vom Vor- auf den Nachmittag beschlossen - ohne sich zu informieren, ohne den kleinen Koalitionspartner AL zu informieren. Der Druck der Springer -Schlagzeilen war es, der den rot-grünen Senat unter Zeitdruck setzte. Die Besetzung einiger weniger Wohnungen, wie sie auch in den letzten Jahren immer wieder vorkam, konnte die Springer-Presse zum Straßenchaos aufblasen. So schnell mußte es dem Senat deshalb gehen, daß er sofort die Parole „Wohnungsklau“ ausgab und sich gar nicht mehr die Mühe machte, die Einzelfälle zu prüfen. Das hatten zuvor die BesetzerInnen vorexerziert, als sie mit umgekehrten Vorzeichen Spekulationsobjekte und Sanierungshäuser in einen Topf warfen. Doch diesem Senat hätte man eigentlich mehr Souveränität gegenüber autonomen Kurzschlüssen zutrauen müssen.

Düpiert ist die AL. Spätestens jetzt wird sie sich fragen, ob es richtig war, keine gewieften PolitikerInnen aus den eigenen Reihen in die Regierungsrunde zu schicken. Das Problem: Ob ein ausgewiesener Alternativer gestern hätte anders entscheiden können, ist durchaus fraglich. Zwischen eher schwächlichen autonomen Mutproben einerseits und der Springer-Macht andererseits ist ein Senatsstuhl offensichtlich äußerst wacklig.

Aus eigener Kraft können die Autonomen rot-grün nicht „zerschlagen“. Aber sie können Springer helfen, den Spaltpilz in die neue Koalition zu tragen. Die außerparlamentarische Macht der Autonomen hängt am Tropf. Nur die - ebenso außerparlamentarische - Macht der Springer -Presse gibt ihr Saft. Die BesetzerInnen mußten die Häuser verlassen, kaum daß sie sie betreten hatten. Jetzt sollten sich die BesetzerInnen ein anderes stilles Eckchen suchen, um einmal gründlich nachzudenken.

Hans-Martin Tillack

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