piwik no script img

Hafenstraße kommt in Bedrängnis

Innensenator will zweite Abmahnung in gleicher Sache - und damit die Voraussetzung für Kündigung des Pachtvertrages / Hafenstraßen-BewohnerInnen sollen Polizei erneut Zugang zu den Häusern verwehrt haben  ■  Aus Hamburg Axel Kintzinger

Droht den BewohnerInnen der ehemals besetzten Häuser in Hamburgs Hafenstraße demnächst die Kündigung? Der sozialliberale Senat unter Bürgermeister Voscherau (SPD) macht in letzter Zeit jedenfalls verstärkt Druck und will alle rechtlich möglichen Register ziehen, um das ungeliebte Wohnmodell am Hafenrand schnellst möglich zu beenden. Dabei bedient sich die Hamburger Landesregierung mietrechtlicher Mittel: Weil der Polizei bei der Ermittlung von Straftaten nun schon zum zweiten Mal der Zugang zu den Häusern verwehrt worden sein soll, will man den Pächter der Häuser, den Verein Hafenstraße, zum zweiten Mal in gleicher Sache abmahnen. Damit wäre der Weg frei für eine Kündigung des Vertrages.

Eine erste Abmahnung wegen des Verstoßes gegen Paragraph 17 des Pachtvertrages - freier Zugang bei Amtshandlungen wurde bereits Anfang Februar von der damaligen Verpächterin der Häuser, der Lawaetz-Stiftung, ausgesprochen. Mittlerweile wurden die bunten Häuser an die Stadt zurück übertragen, Rathaussenatorin und Voscherau-Vertraute Elisabeth Kiausch (SPD) kann jetzt direkt abmahnen. Ab 1. Mai wird eine noch in Gründung befindliche „Hafenrand GmbH“ unter Aufsicht von Kiausch die Hafenstraßengeschäfte übernehmen.

Anlaß für den jüngsten Abmahnungswunsch war am vergangenen Wochenende die Flucht zweier Autoknacker in eines der Hafenstraßenhäuser. Als die verfolgende Polizei Einlaß begehrte, sei ihr dies verweigert worden, die Tür habe man von innen verrammelt. Innensenator Werner Hackmann (SPD) will deswegen eine zweite Abmahnung. Laut Pachtvertrag berechtigen zwei Abmahnungen in gleicher Sache und innerhalb eines kurzen Zeitraums zur Kündigung.

Der Senat wollte diesen Schritt auf seiner gestrigen Sitzung jedoch noch nicht machen. Das Senatorin Kiausch unterstehende Senatsamt für Bezirksangelegenheiten soll die Vorgaben der Innenbehörde jetzt daraufhin prüfen, ob sie eine Abmahnung rechtfertigen - alles andere als eine Zustimmung wäre eine Riesenüberraschung. Doch auch nach einer Kündigung müßten die BewohnerInnen nicht gleich mit dem Barrikadenbau (oder dem Kofferpacken) beginnen. Sollte es ernst werden für das Wohnprojekt, würde der Verein Hafenstraße vor Gericht die Rechtmäßigkeit von Abmahnungen und Kündigung prüfen lassen. Und dabei könnten Voscheraus Räumungswünsche enttäuscht werden. Zudem hat der Verein für alle Fälle noch einen Joker im Ärmel: Nach Auffassung von Mietrechtsexperten gilt der Pachtvertrag wegen diverser Klauseln als sittenwidrig. Voscheraus Ziel, mit der Hafenstraße nicht mehr in den nächsten Wahlkampf im Jahr 1991 zu gehen, dürfte nicht erreicht werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen