: ISDN-betr.: "Parlamentsfraktion läßt sich vernetzen", taz vom 10.3.89
betr.: „Parlamentsfraktion läßt sich vernetzen“,
taz vom 10.3.89
Hurra, endlich kapieren es auch die Grünen: Verweigerung ist out, Akzeptanz ist in.
Zeitgerecht zur Einweihung des ISDN-Computernetzes auf der CeBIT '89 beschließt die grüne Bundestagsfraktion, aus Solidarität mit der Telekommunikationsindustrie zwölf Abgeordnete an das ISDN-Modellprojekt „Parlakom“ zu hängen. Schließlich könnte es ja sein, daß das Marketingkonzept der Bundespost und die erklärte Strategie der Hersteller, die öffentlichen Verwaltungen als ISDN-Akzeptanzbereiter einzuspannen, doch nicht wie erwartet klappen. Und da will der/die zukunftsbewußte Grüne MdB natürlich seinen/ihren bescheidenen Beitrag zur ISDN-Durchsetzung leisten...
(...) Da installiert die Bundespost - gezielt an der Öffentlichkeit vorbei - eine Großtechnologie perversen Ausmaßes mit zig kurz- und langfristigen gesellschaftlichen Risiken, und die Partei, die auch als Vertreterin für eine umwelt- und sozialförderliche Technik angetreten ist, ist sich nicht zu blöd, sich für ein paar geschenkte Computer ihre politischen Grundsätze abkaufen zu lassen. Daß Uni, Schulen, Stadtverwaltungen etc. sich bestechen und vor den Herstellerkarren spannen lassen, ist schlimm genug, aber von grünen Abgeordneten könnte mensch eigentlich mehr erwarten. Warum fragt Ihr vor derartigen Entscheidungen eigentlich nicht Eure eigenen ExpertInnen innerhalb der Fraktion und Partei? Schließlich besteht der noch kleine Kreis von ISDN -KritikerInnen zu einem nicht unerheblichen Teil aus Grünen.
Es fällt mir schwer, diesen Schwenk (gegenüber der Parlakom -Ablehnung von 1986) zu verstehen. Da die Argumente gegen Parlakom und ISDN ja nach wie vor gültig sind, muß es wohl an der neuen Fraktionszusammensetzung seit 1987 liegen... (...)
Dirk Bethke, Heidelberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen