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Südafrika: Erfolge für Opposition

Häftlinge können BRD-Botschaft als freie Männer verlassen / Mehr Rechte für Schwarze in BRD-Firmen  ■  Aus Johannesburg Hans Brandt

Die südafrikanische Opposition konnte gestern auf verschiedenen politischen Ebenen symbolträchtige Erfolge verbuchen. In beiden Fällen war bundesdeutsche Politik beteiligt.

Die vier südafrikanischen Häftlinge, die in die bundesdeutsche Botschaft in Pretoria geflüchtet waren, haben sie gestern als freie Männer verlassen. Gleichzeitig wurde in Johannesburg angekündigt, daß drei deutsche Autofirmen erstmals Verträge mit der Metallgewerkschaft NUMSA unterzeichnet haben, die schwarzen Gewerkschaftern dieselben Rechte einräumen wie bundesdeutschen Arbeitnehmern.

Die vier Häftlinge haben die deutsche Botschaft in Begleitung zweier Anwälte verlassen, nachdem ihre uneingeschränkte Freiheit von den südafrikanischen Behörden schriftlich garantiert wurde. Die Vier hatten auch die Freilassung des in Lebensgefahr schwebenden Häftlings Sandile Thusi gefordert, der seit 33 Tagen im Hungerstreik ist. „Wir erwarten seine Freilassung noch heute“, sagte einer der Vier, Ephraim Nkoe, vor der Presse in Johannesburg. Eine Garantie für Thusis Freilassung hätten sie jedoch nicht erhalten. Nkoe fügte hinzu, daß sie in der deutschen Botschaft sehr gut behandelt worden seien. Sein Mithäftling Mpho Lekgoro gab an, daß die Bundesregierung in Kürze bei der südafrikanischen Regierung gegen das System der Inhaftierung ohne Verfahren protestieren werde.

Ein Sprecher des verbotenen Oppositionsbündnisses Vereinigte Demokratische Front (UDF) warnte, daß es zu landesweiten Protesten kommen würde, wenn Thusi bis Freitag nicht frei ist. Zudem wollen Oppositionsgruppen in Zukunft mit aller Schärfe gegen die Restriktionen protestieren, die mehr als 500 ehemaligen Häftlingen auferlegt worden sind. „Diese Restriktionen sind so schlimm wie Verhaftung ohne Verfahren“, sagte UDF-Führer Mohammed Valli. Die Restriktionen bedeuten meist nächtlichen Hausarrest, Versammlungsverbot und schränken die Bewegungsfreiheit der Betroffen schwer ein.

Die Verträge die Volkswagen, Daimler-Benz und BMW diese Woche unterzeichneten, könnten von zahlreichen anderen Betrieben im Apartheidstaat übernommen werden. Die Verträge garantieren gewerkschaftliche Streikrechte, wobei unbefristeter Kündigungsschutz gilt, Streikposten werden zugelassen und Arbeitern, die aus politischen Anlässen verhaftet werden, wird die Lohnfortzahlung garantiert. Die Unternehmen verpflichten sich, Apartheidgesetze nicht zu ihrem Nutzen zu gebrauchen. Vor allem das letztes Jahr zuungunsten der Gewerkschaften novellierte Arbeitsgesetz wird damit ausgeschaltet. Damit haben südafrikanischen Gewerkschaften wichtige Aktionsfreiräume gewonnen.

Die Verträge folgen auf einen 14-Punkte-Plan, den der IG -Metall-Vorsitzende Franz Steinkühler im August letzten Jahres bei einem Südafrikabesuch vorgestellt hatte. Betroffen sind 8.000 Arbeiter bei VW, 1.800 bei BMW und 3.200 bei Daimler Benz.

Die Firma Hella hat indessen als Fortsetzung Seite 2

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erstes deutsches Unternehmen die Kontrolle ihrer südafrikanischen Tochter aufgegeben, um die Unterzeichnung eines solchen Abkommens mit NUMSA zu vermeiden. Hals über Kopf verkaufte Hella 40 Prozent seiner Anteile an einen süd

afrikanischen Minderheitsaktionär, der nun 76 Prozent hält.

Verhandlungen mit Siemens und Bosch gehen indessen weiter. IG-Metall-Pressesprecher Jörg Barczynski fügte hinzu, daß der 14-Punkte-Plan auf Anregung der Bundesregierung auch in der EG diskutiert werde. Zudem würden die IG Metall den Plan über europäische, amerikanischen und japanische Metallgewerkschaften international verbreiten. Auch in Südafrika, wo die Gewerkschaften die Apartheidarbeitsgesetze umgehen wollen, könnten diese Verträge Signalfunktion haben.

Dennoch sind die Verträge innerhalb südafrikanischer Gewerkschaften umstritten. Während die Föderation COSATU offiziell den Rückzug ausländischer Unternehmen aus Südafrika fordert, geben die Verträge den Unternehmen eine

Rechtfertigung für ihre Präsenz im Apartheidstaat. Die IG Metall andererseits unterstützt zwar Sanktionen im allgemeinen, kritisiert jedoch Aufrufe zum Disinvestment. „Südafrikanische Gewerkschaften haben ihre Basis in den multinationalen Firmen“, sagte Barczynski. „Für uns fehlt bei Disinvestment-Aufrufen die Logik.“

Auch politisch motivierte Streiks und Warnstreiks werden von den Verträgen nicht geregelt. Südafrikanisches Gesetz macht in solchen Fällen die Gewerkschaften für Verluste der betroffen Unternehmen haftbar.

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