: Cigaretten-Circus China
Der Kampf zweier Linien ums Rauchen - das „Reich der Mitte“ zwischen Verbot und Vermarktung ■ Von Georg Wadehn
Die Volksrepublik China im Anti-Raucher-Rausch! Der Gesundheitsminister will das Rauchen mit einer landesweiten „Vaterländischen Gesundheitskampagne“ sogar über den Nationalen Volkskongreß per Gesetz stark einschränken lassen. Gleichzeitig aber gründeten seine Landsleute in Xiamen ein sino-germanisches Zigaretten-Joint-venture. Das erste nach immerhin schon zehn Jahren chinesisch -amerikanischer „Rauchzeichen“. Unterdessen stiegen ab Juli letzten Jahres schon allenthalben die Zigarettenpreise (vor allem für importierte Tabakwaren) drastisch. Droht China ob dieses Cigaretten-Circus die Spaltung?
250 Millionen Chinesen sollen schätzungsweise dem blauen Dunst anheimgefallen sein. Auf dem Lande sogar noch intensiver als anderswo im „Reich der Mitte“. Hier sollen laut „Chinesischer Akademie für vorbeugende Medizinische Wissenschaften“ schon 700 Millionen oder 70 Prozent der Bevölkerung an Folgekrankheiten des Rauchens oder auch nur Mitrauchens leiden.
In den Städten soll die Zahl der „leidenden“ Mitraucher dabei noch einmal 200 Millionen Menschen ausmachen. Bald alle 1,16 Milliarden Chinesen also nikotinverseucht?
Die Volksrepublik ist aber auch der Welt größter Produzent von Tabaken und demnach auch deren größter Konsument sowie einer der wichtigsten Importeure. Beides, Produktion und Importe, will das „Staatliche Monopolbüro für den Verkauf von Tabaken“ jetzt rigoros senken. Doch die Initiatoren der landesweiten Antiraucher-Kampagne haben offensichtlich die Rechnung ohne die entsprechende, immer selbständiger werdende Industrie gemacht.
Mehr blauer Dunst?
Zur gleichen Zeit nämlich, als sich selbst ein veritabler chinesischer Minister um die Volksgesundheit und das Rauchen sorgte, gründeten chinesische und amerikanische Zigarettenproduzenten eine „verbundene“ Fabrik (Joint -venture) zur Herstellung der Zigarettenmarken „Camel“, „Winston“, „Golden Bridge“ und „Sprint“. 2,5 Milliarden Stück sollen es pro Jahr werden.
Partner dieses Joint-ventures sind die RJR Nabisco und die Xiamen Cigarettenfabrik. Sie legten gemeinsam ein Stammkapital von 21 Millionen US-Dollar dafür auf.
Warum diese Kooperation vorbei an der Antiraucher-Kampagne der Volksrepublik möglich wurde? Seit der Öffnung Chinas zum Westen hin wurden „Wirtschaftssonderzonen“ im Lande gebildet. Die dürfen mehr investieren, mehr kooperieren, mehr produzieren, mehr Devisen erwirtschaften und sind selbständiger in ihren wirtschaftlichen Entscheidungen als andere Regionen. Xiamen ist eine solche Special Economic Zone SEC.
Doch: Weniger Rauchen hin, mehr Zigaretten her - solange der Große Alte Mann Chinas, „elder statesman“ Deng Xiaoping, 84, weiter so stark raucht (die Marke „Panda“ - 40 bis 60 Zigaretten am Tag), solange ist hier wenig bewegt im „Reich der Mitte“. Die chinesische Nation bleibt (so oder so vorerst) weiter gespalten.
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