: Kündigungswelle rollt auf Mieter zu
■ Mieterbund: Kündigungswelle wegen Eigenbedarfs als Auswirkung des Karlsruher Urteils
Osnabrück (afp/dpa) - Der Deutsche Mieterbund sieht sich in seiner Befürchtung bestätigt, daß eine Welle von Kündigungen wegen Eigenbedarfs der Haus- und Wohnungseigentümer auf die Mieter zurollt. In der 'Neuen Osnabrücker Zeitung‘ verwies der Direktor der Organisation, Helmut Schlich, am Samstag auf die erst sechs Wochen alten Erfahrungen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. So seien allein dem Kölner Mieterverein bis jetzt mehr als 300 Kündigungen bekannt geworden, in Hamburg habe sich die Zahl verzehnfacht. Die bisher vorliegenden regionalen Daten bildeten sicherlich „nur die Spitze eines Eisbergs“. Nicht jeder Bürger, dem die Kündigung ausgesprochen oder angedroht wurde, sucht nach den Worten Schlichs Rat, sondern „viele unterwerfen sich einem vermeintlich nicht zu ändernden Schicksal“. Er rief deshalb dazu auf, alle Fälle bei den örtlichen Mietervereinen zu melden, die dann den Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite stünden. Außerdem solle mit einer bundesweiten Aufklärungsaktion des Mieterbundes „das Geschäft mit der Angst“ eingedämmt werden. In besonderem Maße täten sich Spekulanten hervor, die Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln wollten. Ferner werde versucht, mit vorgetäuschtem Eigenbedarf Mieter loszuwerden, um nach kurzer Zeit auf diesem Umweg höhere Einnahmen durch Neuvermietung erhalten zu können. Es gebe eine gezielte massive Einschüchterungskampagne, die aber rechtlich auf „tönernen Füßen“ stehe.
Schlich wies auf ein für die Mieter positives letztinstanzliches Urteil des Landgerichts Hamburg hin, worin dem Anspruch eines Mieters auf körperliche Unversehrtheit, die er durch einen drohenden Umzug wegen der Kündigung seiner Wohnung gefährdet sah, ein höherer Wert eingeräumt wurde als dem Recht des Vermieters auf freie Lebensgestaltung. Diese sogenannte Sozialklausel im BGB werde jetzt immer mehr an Bedeutung gewinnen, betonte Schlich.
Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, daß Vermieter bei Kündigungen wegen Eigenbedarfs lediglich „vernünftige und nachvollziehbare Gründe“ geltend machen müssen. Entgegenstehende Interessen des Mieters auf Fortsetzung des Vertrages seien dabei grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Nur in den von der gesetzlichen Sozialklausel erfaßten Fällen müßten Mieterinteressen beachtet werden.
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